Wie trinke ich Wein mit mehr Genuss?

Hofkeller Innere Leiste 2015 Riesling

Hofkeller Innere Leiste 2015 Riesling

Glas an den Mund – Ex und Hopp. Kann man machen, ist aber langweilig.
Willst du auf Genuss verzichten, dann ist diese Art des Weintrinkens okay. Ansonsten empfehle ich dir einen kurzen Moment inne zuhalten und dem Wein die Aufmerksamkeit zu schenken, die der Winzer dem Rebstock jedes Jahr angedeihen lässt.

Wer öfters Wein trinkt, der riecht meist kurz daran, bevor er am Glas nippt. Doch mit wenig Aufwand holst du mehr aus deinem Glas heraus.

Bei der Arbeit stelle ich oft fest, dass die Kunden ein paar Fehler machen:
Sie riechen am Wein und nippen.
Für den optimalen Genuss, und um einzuschätzen, ob mir dieser Wein auch Zuhause noch schmeckt, bedarf es ein paar weniger kleiner Kniffe mehr.

Das richtige Glas

Wein aus einem frisch gespülten Senfglas zu trinken ist möglich, aber nicht sinnvoll.

Ich liebe Glas und Porzellan, gerne mit Goldrändern und vielen Schnörklen, doch ein Glas mit Goldrand ist für den Genuss eines Weines ungünstig. Besonders säurebetonte Weine schmecken aus Gläsern mit Goldrand metallisch – das verdirbt jedes Diner, und auch der gemütliche Abend auf der Couch mit einem Glas Wein ist dann für den Ausguss. 
Deswegen: Wein sollte aus klaren Weingläsern getrunken werden, mit Bauch und Stiel – ein etwas schmaleres Weinglas für Weißwein und ein bauchiges für Rotwein. Darüber hinaus gibt es noch andere Größen. Aber ich glaube, mit zwei verschiedenen Gläsern lässt sich Wein erst einmal sehr gut genießen. Wer sich weiter mit Wein beschäftigt, wird vermutlich mit der Zeit auch mehr Gläser kaufen – das bringt die Begeisterung zusätzlich mit sich. Doch, ich weiß, wovon ich spreche! ;-)

Praktisch sind auch Universal-Wein-Gläser oder die kleineren Degustationsgläser. Ein älterer Rotwein hat darin jedoch Probleme sich zu entfalten. 

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Wer ins Detail gehen will, der kann sich noch ein großes Burgunderglas und ein Sherryglas zulegen. Sekt braucht natürlich ein schönes schmales Glas, eine Sektflöte. Aber wir trinken heute Wein.

Übrigens: Riech einmal ins Glas, bevor du Wein hineinschüttest. Riecht das Glas? Dann solltest du dein Spülprogramm überdenken. Die Spülmaschine oder ein sehr stark parfümiertes Spüli lassen gerne Gerüche am Glas zurück – das wirkt sich nicht besonders förderlich auf den Weingenuss aus. Auch die Holzpolitur lässt Glas riechen. Darum sollten Gläser auch niemals stehend mit dem Kelch nach unten aufbewahrt werden.

Avinieren. Sehen. Riechen. Schwenken. Riechen. Trinken.

Avinieren.

Klar, erst einmal die Flasche öffnen. Ob dekantieren oder nicht, das erzähle ich beim nächsten Mal.
Wir gehen von einem frischen, jungen Wein aus, der nicht dekantiert werden muss, sondern direkt ins Glas darf.
Wenn du alles perfekt machen willst, gießt du erst ein paar Tropfen ins Glas. Diese Weinpfütze schwenkst du durch das Glas und schüttest sie anschließend weg.

Das nennt sich avinieren.

Mit diesem kleinen Kniff gelingt es, leichte Vorgerüche (Spüli, Spülmaschine, Schrank) zu eliminieren und das Glas auf den nun folgenden Genuss vorzubereiten.

Penfolds Koonunga Hill 2014, Australien

Penfolds Koonunga Hill 2014, Australien

Sehen.

Hast du dir deinen Wein schon einmal angeschaut, bevor du davon getrunken hast? Nicht? Dann solltest du beim nächsten Weinabend unbedingt einen Blick ins Glas riskieren.

Ist der Wein klar? Super.
Ist er trüb? Dann könnte der Wein einen Weinfehler haben, muss aber nicht. Es gibt heute auch unfiltrierte Weine, aber das sollte auf dem Etikett stehen.

Welche Farbe hat dein Wein? Ein helles grüngelb oder beinahe goldfarben? Zeigt sich der Rotwein in erdbeerrot oder dunkel mit einem lilafarbenen Rand?
Interessant, diese Farbschattierungen, nicht wahr?
Das muss natürlich nicht im Restaurant passieren oder beim gemütlichen Abend mit Freunden, aber so ab und an macht das Anschauen deines Weines Sinn. Denn die Farbe sagt viel über den Wein aus.

Riechen.

Nun riechst du erst einmal am Wein. Wie riecht der Wein? Woran erinnert dich der Duft? Riecht er überhaupt?
Nein. Noch nicht probieren.

Schwenken.

Du hast bereits einmal am Wein gerochen und dir die Farbe angesehen. Gut. Doch nun schwenkst du dein Glas, in aller Ruhe und gerne mehrfach. Wenn du das zum ersten Mal machst, gelingt das Drehen des Weines im Glas nicht so gut, das macht aber nichts. Mit der Zeit bekommst du darin Übung und schon sieht es gekonnt aus, wenn du einen Weinstrudel in deinem Glas produzierst. :-)
Du kannst das Glas auch auf den Tisch stellen und das Glas in engen Kreisen über den Tisch ziehen. Aber bitte nur, wenn ich nicht dabei bin. Das Geräusch klingt wie Kreide auf Schiefertafel in meinen Ohren! :-)

Riechen.

Nun darfst du deine Nase wieder ins Weinglas stecken. 
Durch das Schwenken haben sich die Aromen des Weins optimal verteilt und kitzeln in deiner Nase. Das regt die Sinne an.
Was riechst du jetzt?
Wenn du willst, schwenkst du das Glas noch einmal, riechst ein weiteres Mal daran und versuchst weitere Düfte aus deinem Wein herauszuriechen.

Trinken.

Nippen ist nicht erlaubt. Nimm einen größeren Schluck, den du im Mund belässt. 

Bedenke: Wein trinken ist Gaumen-Sex.

Liebkose den Wein mit der Zunge.
Perfekt wäre es, wenn du ein bisschen Luft durch die Lippen in deinen Mund lässt. Das könnte beim ersten Mal eine Sauerei geben, beim zweiten Mal klappt es.
Wie das geht? Ich mache das so: Zähne des Oberkiefers auf die Unterlippe drücken und Luft einsaugen. Und ja, du wirst dabei ein Geräusch machen. Das gehört dazu. Doch die Luft, die dann zum Wein kommt, gibt den nächsten Geschmackskick.
Jetzt. Endlich. Schlucken. Und gleich noch einen Schluck hinterher.

Muss das genauso ablaufen – nö!

Du kannst natürlich auch erst den Wein betrachten, dann riechen, dann schwenken. Oder du schwenkst, riechst, schwenkst, schaust, schwenkst, trinkst. Wenn dich die Farbe nicht interessiert, dann eben nicht. Wichtig ist nur: Nicht das Glas sofort an die Lippen setzen. Gib dem Wein ein bisschen mehr Zeit sich im Glas zu entfalten und das funktioniert nur, indem du den Wein – Weiß wie Rot – im Glas schwenkst, bevor du trinkst! 

Ein Erlebnis, oder?
In diesem Sinne: Prost!

 

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