Von der Petition aller Petitionen oder Ein Selbsterklärungsversuch

Petitionen sind in aller Munde, und ich hatte mich schon gefragt, ob es demnächst Petitionen für oder gegen Petitionen gibt.

Wikipedia erklärt die Petition so:

»Eine Petition (lat. petitio „Angriff“, „Ersuchen“) bezeichnet eine Eingabe (Bitte oder Beschwerde) an eine zuständige Behörde oder an eine Volksvertretung.«

Eine Petition ist also die friedliche Variante zur Demonstration. Ein Sprachrohr auf schriftlicher Ebene an die Politiker, das sich in diesen Zeiten des virtuellen Lebens rasend schnell und weltweit verbreitet und somit u.U. viel mehr Zustimmung (oder Ablehnung) erhält als eine Demo auf nassen Straßen, bei der alle Beteiligten verlieren.

Eine Petition ist somit ein (Fort)-Schritt in der Kommunikation zwischen Volk und Politik.

Einreichen kann eine Petition jeder, doch erst wenn sie eine bestimmte Anzahl von Unterstützern in Form von Unterschriften gesammelt hat, beschäftigt sich der Bundestag erneut mit dem Problem.

Eine Petition ist für mich ein Aufbäumen, oder auch die Bitte sich erneut mit einem Thema zu beschäftigen. Ich finde das gut. Mir fehlt jedoch dabei der Lösungsvorschlag der Kritiker.

Aktuell und in allen Medien ist die Petition gegen die Internetsperre. 

Sie lautet:

Text der Petition

Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt. Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die „Sperrlisten“ weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden. Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit.

Begründung

Das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern stellen wir dabei absolut nicht in Frage – im Gegenteil, es ist in unser aller Interesse. Dass die im Vorhaben vorgesehenen Maßnahmen dafür denkbar ungeeignet sind, wurde an vielen Stellen offengelegt und von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen mehrfach bestätigt. Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluß auf die körperliche und seelische Unversehrtheit mißbrauchter Kinder.

 

Ich habe mir die Petition mehrfach durchgelesen, ich habe mir die Stimmen dazu angesehen. Ich denke darüber nach, habe darüber gesprochen und ich habe an mir gezweifelt, ohja, das habe ich. Mehr als 70.000 Unterzeichner. Und ich?

 

Der Versuch einer Selbsterklärung:

Wir fordern, daß der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 ablehnt.

Das verstehe ich. Und warum?

 

Wir halten das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren & von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig & unkontrollierbar, da die „Sperrlisten“ weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden.

Hieraus entnehme ich ein fehlendes Vertrauen in unsere Gesetzeshüter und Gesetzesentscheider. Gut, das kann ich auch nachvollziehen.

Doch ich frage mich: Brauche ich Listen auf denen Webseiten stehen, deren Inhalte mich nicht interessieren und Kinder schänden?

„Undurchsichtig & unkontrollierbar“? Bin ich zu naiv, wenn ich der Meinung bin, dass die Damen und Herren des BKAs zwischen Pornografie und einer harmlosen Wasserschlacht im Garten unterscheiden können? Sollten doch die Urlaubsfotos fälschlicherweise eingeschätzt worden sein, ist es dann nicht möglich, gegen die Sperrung der eigenen Seite anzugehen? Werden die Seiten und deren Betreiber ebenso wie die User ans BKA weitergeleitet?

Ist das im Gesetz nicht geklärt? Das sollte es natürlich.

Und: Was sagt eigentlich das BKA dazu?

 

Wir sehen darin eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit.

Fühle ich mich tatsächlich in meinem Grundrecht und meiner Informationsfreiheit gefährdet, wenn ich Webseiten mit kinderpornografischen Bildern nicht besuchen kann?

 

Das vornehmliche Ziel – Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornografie, zu verhindern stellen wir dabei absolut nicht in Frage – im Gegenteil, es ist in unser aller Interesse. Dass die im Vorhaben vorgesehenen Maßnahmen dafür denkbar ungeeignet sind, wurde an vielen Stellen offengelegt und von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen mehrfach bestätigt. Eine Sperrung von Internetseiten hat so gut wie keinen nachweisbaren Einfluß auf die körperliche und seelische Unversehrtheit mißbrauchter Kinder.

Das ist richtig, es hilft den Kindern nicht, aber hilft es ihnen, wenn solche Seiten im Internet stehen bleiben? Ist es für sie nicht eher eine zusätzliche, seelische Belastung, krasser gesagt, ein weiterer Missbrauch ihrer Perönlichkeit und ein Verstoß gegen ihr Persönlichkeitsrecht, wenn sie nicht nur körperlich und seelisch missbraucht wurden, sondern dieser Missbrauch auch noch öffentlich einsehbar ist? Müssen wir sie nicht auch vor Blicken und weiterem Missbrauch schützen, nach dem eigentlichen Verbrechen?

 

Nahezu alle Online-Medien berichten über das Gesetz.

Hier ein Zitat von Morgenpost.de:

»Das Kabinett hatte auf Initiative von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen beschlossen, dass der Zugang zu Kinderpornos im Internet noch vor der Bundestagswahl Ende September gesperrt werden soll. Fünf der acht großen deutschen Internetanbieter sagten ihre Mitwirkung zu. Sie wollen spätestens in einem halben Jahr dafür sorgen, dass Internetnutzer auf solche Seiten nicht mehr zugreifen können.

Das Telemediengesetz soll daher nun so geändert werden, dass auf ausländischen Servern liegende Kinderporno-Seiten nur schwer zugänglich sind. Das BKA soll Seiten mit kinderpornografischen Inhalten auflisten und den Internet-Providern melden. Auf dieser Grundlage blockieren diese dann den Zugang.«

 

Ich fühle mich nicht in meinem Weg zum Ziel eingeschränkt, wenn ich bei roter Ampel stehen bleiben muss. Es ist eine Gesetzesvorlage – eine Regel, eine Erziehungsmaßnahme, ein Schutz. Ich akzeptiere das.

Ich warte also, bis die Ampel von rot auf grün umspringt oder wähle eine andere Strecke. Beides bringt mich entweder später zu meinem Ziel oder es erschwert mir den Weg so immens, dass ich die Lust daran verliere. Natürlich kann ich auch bei rot gehen. Wenn ich dann erwischt werde, zahle ich eine Strafe. So läuft das.

DAS ist für mich das einzige Für und Wider dieses Gesetzes.

Mit diesem Gesetz wird Kinderpornografie nicht einfach so aufhören. Das ist klar. Mit dem Durchführen der Petition aber auch nicht. 

Kinderpornografie ist verboten, und das wohl aus gutem Grund. Oder möchte hier jemand behaupten, er befürworte die sexuelle Vermarktung von Kindern?

Ich besuche solche Seiten nicht, aber um mich über die Petition zu informieren, habe ich die Suchfunktion von Twitter verwendet und anstatt richtig zu lesen auf einen Link geklickt, der mir das Stoppzeichen präsentierte und mir mitteilte, meine Daten wären ans BKA weitergeleitet worden. Ich habe mich erschrocken – und das war gut so. Das nächste Mal lese ich die Links und das drumherum richtig, anstatt sofort darauf zu klicken. Schon bei dem Wort Kinderpornografie an sich kommt mir mein Essen hoch. Dies ist meine Aussage zu meinem fehlgeleiteten Klick. Das BKA darf dies gern zu meiner IP-Adresse heften.

Ich fühle mich nicht durch die Aufzeichnung meiner Daten in meiner Persönlichkeit eingeschränkt.

Danke.

 

Es reicht nicht nur gegen etwas zu sein. Es reicht auch nicht, nur ein Gesetz zu verordnen.

Ein Vergleich: Ich bin erkältet. Ich kann warten, bis die Erkältung weggeht oder so schlimm wird, dass ich eine Lungenentzündung bekomme oder daran sterbe. Ich kann aber auch Medikamente und Vitamine kaufen. Doch damit sie mich gesund machen, muss ich sie einnehmen. Es sind viele Schritte, die mich hier zum Ziel bringen. Natürlich werden mich keine Medikamente und Vitamine dauerhaft vor Erkältung schützen. Das weiß ich, aber ich kann versuchen, so gut es geht gesund zu bleiben.

Dass dieses Gesetz nicht ausgereift ist, bleibt außer Frage. Es ist ein Schritt, ein winzig kleiner, um ein Verbrechen einzudämmen, das das Wichtigste in unserem Leben zerstört und das – nein die – unseren Schutz benötigen: unsere Kinder.

Ich bin für diese Petition, wenn sie ergänzt werden würde. Und ich bin für das Gesetz, zumal ähnliche Gesetze (wie es in einem Radiobeitrag zum Thema hieß) bereits in anderen Ländern durchgeführt werden.

Meine Bitte – meine Petition – lautet, den Vorhang, das Stopp – dieses Gesetz – nicht als Endlösung zu sehen, sondern Kinderpornografie weiter und mit schärferen Schritten zu bekämpfen.

Mein Lösungsvorschlag? Ich widerspreche mir, wenn ich keinen gebe, das ist mir natürlich klar. Doch in diesem Fall muss ich dem BKA und den zuständigen Stellen vertrauen. Und hoffen, dass die Politiker hier und in anderen Ländern mehr zusammenarbeiten.

 

Ich bin für den Kampf und ich kämpfe mit – an der richtigen Stelle, wenn es sich lohnt!


Alle Quellen sind im Text mit entsprechenden Links versehen.

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