Erinnerst du dich? Vor 1,5 Jahren habe ich mal wieder bemerkt, dass viele meiner E-Books auf Seiten kostenlos, teilweise auch gegen Bezahlung angeboten wurden. Nicht vom Verlag, nicht von mir, sondern von irgendwelchen Typen, die sich so bereichern wollten. Nicht nur meine E-Books gab es da. Meine Romane tummelten sich unter denen zahlreicher Autoren wie Kai Meyer oder Stephen King. Eine ehrenhafte Gesellschaft, in der ich mich da befand, leider war diese Art der Gemeinschaft nicht gewünscht und schmerzte mein Portemonnaie sicherlich deutlich mehr als das der beiden Herren und der anderen prominenten Schriftsteller und Schriftstellerinnen. Ich hatte aber die Nase voll und habe Anzeige erstattet. Natürlich hätte ich auch einen Anwalt beauftragen können, aber wer bitteschön hätte den bezahlt? Die Rechnung wäre wohl an mich gegangen. Wunderbar. Noch mehr Ausgaben. Nein, es musste also die Anzeige bleiben, obwohl ich den Ausgang dieser Geschichte schon kannte. Das war nicht die erste Anzeige, die ich erstattet hatte. Vor vielen Jahren bedrohte mich ein Mann über den Postweg. Ja, E-Mail gab es da noch nicht. Mehrere Monate lang. Erzählte mir von einem Mord, schickte mir Details, schrieb in seinem Brief unterschwellig Abartigkeiten mir gegenüber. Ganz leise und fein psychotisch. Ich zeigte ihn an.
In der Prosa würde das Gute siegen. Im wahren Leben läuft das anders.
Verfahren eingestellt! Hieß es damals. Heißt es diesmal. Damals habe ich die Sache selbst geregelt. Diesmal weiß ich den Ausgang noch nicht.
Weitermachen wie bisher heißt das vermutlich auf beiden Seiten. Der eine arbeitet, der andere klaut. Herzlichen Glückwunsch zu dieser gerechten Verteilung.
Ich habe keinen Bock mehr darauf.
Willkommen im Business
Gestern habe ich einen Bericht gelesen, in dem ein Jemand – wir könnten ihn auch Arschloch nennen, sorry – den kompletten Roman einer Autorin aus einem Fan-Forum geklaut und unter einem Pseudonym bei amazon als sein E-Book zum Verkauf angeboten hat.
Das ist schon mehr als Plagiat. Das ist die Frechheit schlechthin. Aber darauf läuft es hinaus. Und nicht nur das, wer nicht zur Küsschen-Gesellschaft gehört, hat keine Chancen mehr, denn Verlage setzen darauf, dass ein Schriftsteller viele Freunde hat, die sein Werk pushen. Können und Ideenreichtum ist gar nicht mehr so sehr gefragt. Daran lässt sich ja noch ein bisschen schrauben. Nein. Castings sind der neue Trend, auch im Literaturbetrieb, und wer da nicht besteht, wird ein Indie. Lassen wir all die großen Aut0ren außen vor. Die haben ihren Platz gefunden. Obwohl, das kann sich ändern. Keine falschen Hoffnungen. Eine Krankheit, ein tiefes Loch, eine Enttäuschung und – bumm – der Schreibfluss wird unterbrochen. Schon ist Mann und Frau Autor weg vom Fenster. Wer nichts bringt, fliegt. Schlechtere Verkaufszahlen … uhhh … da müssen wir mal drüber reden. Dabei wird vergessen, dass Schriftsteller Menschen und keine Maschinen sind. Wer gute Arbeit leisten soll, muss auch mit dem nötigen Respekt behandelt werden. Dazu gehört ein Lob genauso wie eine helfende Hand oder eine konstruktive Kritik. Leider funktioniert das auch in anderen Branchen schon lange nicht mehr. Wer nicht folgt und nicht 100%-ig funktioniert, wer sich nicht eingliedern kann oder will, egal ob genial oder einzigartig, der geht.
So wird der Mensch zum Allrounder. Das Mädchen für alles – auch wenn es ein Junge ist.
Alles für Einen – Einer für Alles
Der Schriftsteller. Er schreibt ein Buch. Er sucht einen Verlag. Er findet keinen. Er veröffentlicht dieses Buch selbst. Er druckt Werbeflyer. Er kümmert sich um PR. Er organisiert Lesungen. Er macht die Musik dabei. Er nimmt an jedem Wettbewerb teil, der sich ihm bietet. Er rechnet selbst mit sich ab. Aber am Ende bleibt ihm weniger, denn als Allrounder hat er viele Jobs gemacht, die unbezahlt bleiben.
Ein Schriftsteller übernimmt den Job eines Lektors, eine Korrektors, eines Grafikdesigners, eines PR-Managers, des Agenten, der Marketingabteilung, des Verkäufers und der Buchhaltung. Dazwischen geht er auf Lesereise. Natürlich ist er charmant und sieht auch noch super aus. Wenn es richtig gut läuft, schafft er es auch noch auf Platz 3 bei „The Sexiest Man Alive“ und auf Platz 2 im amazon-Rang in dem Genre Liebesromane, obwohl er eigentlich Science-Fiction geschrieben hat.
Klar!
Geht alles, und dabei sammelt der Schriftsteller wirklich viel Erfahrung. Aber auf Dauer ist das nix. Wie sollen so kreative Geschichten entstehen, wenn der Autor nicht SEINEN Job machen darf. Sollen doch bitteschön andere auch ihre Jobs machen. Dafür gibt es ja Verlage, Lektoren, Korrektoren, PR-Agenturen, Druckereien, Verkäufer, Marketingagenturen. Dachte ich.
Das alles schafft vielleicht jemand, der als Privatier lebt oder einen Geldesel im Keller stehen hat. Aber perfekt und erfolgreich wird es nur in der Zusammenarbeit mit einem guten Team, in dem jeder weiß, was er machen soll und wofür. Ja, in dem sich auch mal gegenseitig unter die Arme gegriffen oder ausgeholfen wird, ganz bestimmt. Aber letztendlich konzentriert sich jeder auf seinen Part im „Großen Ganzen“.
Ich und meine Bücher
Ich will meine Bücher nicht selbst verlegen! Ich will nicht bestohlen werden. Zwei Wünsche, die kaum mehr zu erfüllen sind. Und dabei habe ich noch viel mehr Wünsche, die ich gar nicht erst aufführe. Wir sind hier nicht im Märchen, und Wünsche-Feen gibt es nicht.
Ideen habe ich immer noch viele im Kopf, aber wozu sie umsetzen, wenn Verlage und Agenten ein Gesamtpaket wünschen: Sexy, flexibel, beliebt. Wozu sich in all den neuen Casting-Verlags-Portalen anmelden, sein Profil aufhübschen, ein nettes Foto knipsen, Hobby, Wünsche, Vorlieben eintragen und einen Tag verschenken, wenn ich weiß, der Text kann noch so gut sein, ohne viele, sehr viele Internetfreunde schaffst du es eh nicht? Wozu diese Zeit investieren, wenn am Ende doch wieder die Verlagssuche ansteht, die aber immer schwerer wird? Wozu monatelang den Kopf und die Finger zerbrechen, wenn am Ende nur – aber doch immerhin – der Kleinverleger an mich glaubt, der aber keine Werbung schalten und die Bücher auch nicht in den Buchhandel bringen kann? Wozu all die Arbeit und der Kampf, wenn doch wieder ein Arschloch kommt, der deine Idee klaut und sie als die seine verkauft – oder ein anderer Idiot, der deine Bücher in seinem Forum verkauft, dir von deinem Kuchen aber nichts abgibt?
Wozu denn noch? Um meine Leser zu unterhalten? Das ist der einzige Grund, warum ich schreibe. Aber meine Lieben, ihr seid zu wenig, als dass ihr mich vorantragen könnt, und es liegt mir fern euch zu beanspruchen.
Ich möchte gerne „Niemand Mehr“ beenden. Ich hätte eine Idee für ein Kochbuch. Ich hätte auch Lust, die beiden anderen noch offenen Romane zu beenden. Aber in allen Fällen kenne ich den Ausgang nicht und mir fehlt, nach 16 Jahren, in denen ich Geschichten und Bücher in zahlreichen Verlagen – groß und klein – für Groß und Klein – veröffentlicht habe, die Lust, weiter zu kämpfen – in diesem Literaturbetrieb, dessen Wandel sich nicht mit meiner Philosophie deckt. Aber einen anderen gibt es nun mal nicht.
Wie es weiter geht?
Verfahren vorläufig eingestellt.
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