Tierische Fremdsprachen

In der Schule habe ich neben Englisch auch Französisch und Spanisch gehabt. Ich sage bewusst „gehabt“, weil ich es nicht als erlernt bezeichnen kann. Denn ich verstehe heute weder Französisch noch Spanisch, lediglich Englisch nutzt mir heute noch etwas. Den Rest habe ich schlichtweg vergessen. Aber ich bin ja auch kein Tier und ich wollte von tierischen Fremdsprachen berichten.

Wer sieben Katzen hat, so wie wir, kann Studien darüber schreiben.

Als Lilly nur wenige Wochen alt war, miaute sie nicht richtig, sie schrie: »Maaah-Maaah.« Und zwar jedes Mal, wenn ich um die Ecke kam. Wer kann da schon widerstehen, wenn dieses kleine vierbeinige Würmchen nach Mama zu rufen scheint? Ich auf jeden Fall nicht. Heute gehört Lilly zu den einzigen der sieben Katzen, die tatsächlich miauen kann, so wie es geschrieben wird. Aber Lilly kann auch eine Fremdsprache. Wenn sie auf der Fensterbank sitzt und die Vögel draußen beobachtet, miaut sie nicht, nein, sie sagt: »Ack-ack-ack-jack-ack-jack«, was soviel heißen wird wie: »Komm her, kleines Vögelchen, ich bin eine von euch.« Und in Gedanken fügt sie hinzu: »Und wenn du dann nah bei mir bist, schnappe ich zu und fresse dich.« Nun, die Vögel hören sie nicht und wenn, dann werden sie sich wohl über das Tier mit der seltsamen Aussprache hinter der Fensterscheibe lustig machen und für den Rest des Tages was zu lachen haben.

Dann wäre da noch Stoker. Gut, er ist etwas älter und meist genervt. Dieser immer schon graue Opa miaut nicht und ackt auch nicht, er lässt in der Regel ein genervtes »Mäh, mäh« erklingen, wenn er etwas will und dabei ist es egal, ob das Futter mal wieder nicht schnell genug im Topf ist, die Streicheleinheiten aufgehört haben oder ihm irgendeiner der jüngeren Vierbeiner im Weg herum steht. Er mäht und moppert wie eine Ziege.

Cainéal, der mit Pfotenzeichen klar macht, dass er gestreichelt werden will. Er ist soooo süß, wenn er uns mit seinem »Bin-ich-nich-niedlich-Mauzi-Mauz-Blick« ansieht, dabei hat er es faustdick hinter den Ohren. Und wie spricht er? Er miaut nicht, er gurrt. Ja, er gurrt wie eine Taube. Und sagt, wenn wir ihn ansprachen: »Yang!«

Sugar redet so gut wie nie. Nur, wenn es Futter gibt, teilt er seine Begeisterung mauzend mit, das aber auch dezent und ohne aufdringlich zu sein.

Über unseren »Hutz« Shadow habe ich mich ja schon ausgelassen. Er bellt (noch) nicht, aber er miaut auch nur sehr weniger. Sein Bruder Spike dagegen schreit durch die Wohnung, was sich wie das Wiehern eines Pferdes anhört – leise vielleicht und heller. Wir rufen dann nach ihm und er kommt angeflitzt, so als hätte er vorher nicht gewusst, wo wir uns gerade befinden. Ein »Miau« kommt von ihm allerdings auch selten, im Gegenteil: Seine Geräusche ähneln dem eines Quietscheentchens. 

Poncik jedoch übertrifft zumindest von der Lautstärke her alles. Wenn sie sich von Lilly belästigt fühlt, denn die schleicht der alten Dame oft wie ein Stalker hinterher, dann kreischt sie so laut, dass wir ruckartig hochfuhren, egal wo wir uns zu dem Zeitpunkt befanden. Sie kreischt wie eine junge Diva, unsere Madame.

Obwohl alle Katzen andere Töne von sich geben und aus unterschiedlichen Ländern stammen, verstehen sie sich untereinander. Daran sollten wir Menschen uns eigentlich ein Beispiel nehmen.

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.