Kolumne: Rot, braun, grau – sind alle meine Haare

Mut zur Farbe. Mit diesem oder ähnlichen Slogans verkaufen die Hersteller von Haarfarbe ihre Produkte. Das ist okay. Haare färben gibt Selbstbewusstsein, macht Spaß, ist lustig und lässt die Haare glänzen. Erhältlich sind Trendfarben in jeglichen Farbnuancen, mit 100% Grauabdeckung. Töne in rot, braun und blond sorgen für das Haar-Wohlgefühl. Hab also Mut zur Farbe.

Mich hat der Mut zur Farbe verlassen. Aus. Vorbei. Keine Farbe mehr im Haar.

Ich will nicht mehr.

Kurz vor meinem nächsten Geburtstag habe ich beschlossen: Geht mir weg mit Farbe. Ich habe keine Lust mehr auf herausgewaschene Töne und hässliche Haaransätze. Ich werde wieder pur.

Foto Nicole 1983

1983

Foto Nicole 2013

2013

Früher wollte ich meine Haare nie färben. Meine Naturfarbe war hellbraun mit blonden Strähnen, so war das als ich 13 war. Im Laufe der Jahre habe ich mich verändert, als Frau, als Mensch, meine Haare mit. Irgendwann habe ich mich dann vom Friseur zu einer Tönung überreden lassen. Ja, es sah toll aus. Und so blieb ich dabei. Dummerweise geschah dann ein Missgeschick. Eines Tages verwechselte die Frisörin die Tönung mit richtiger Farbe. Ein sich stetig verändernder Haaransatz war geboren und ich dem ewigen Färbekreislauf verfallen.
Doch nun mag ich nicht mehr. In den letzten Monaten habe ich festgestellt, dass mir meine ursprüngliche Haarfarbe fehlt. Ich bin neugierig. Ich weiß längst, da sprießen erste silberfeine Haare zwischen meiner neuen Ursprungsfarbe, die ich nicht näher bezeichnen kann – braungrau vielleicht. Es macht mir nichts. Ich bin gespannt. Ich will jetzt wissen wie ich unter mahagonibraun und kirschrot aussehe. Ich wills wieder pur. Und ich freu mich drauf. Jeden Tag schaue ich neugierig in den Spiegel und begutachte meinen wachsenden Haaransatz und bei einem silbernen Haar lächle ich. Ich finde es entzückend, wunderbar schön. Denn es gehört zu mir, es ist meins. Es ist echt.

Ich bin echt.

Und ich bin nicht die erste, die so denkt und fühlt. Das haben auch die Hersteller gemerkt und unterstützen den Trend. Schwarzkopf, z. B.  gibt Tipps für Frauen und Männer (Link existiert nicht mehr, 2017), die von Farbe zum natürlichen Silbergrau wechseln möchten. Marketing, aber kundenorientiert. Zahlreiche Promi-Damen, noch jung und mit ausreichend Pigmenten ihrer eigenen Haarfarbe beschenkt, färben ihre Haare in trendigem Silber. Wie einfach haben wir Damen und Herren es doch da, die sich selbst schon mit den ersten oder zahlreichen weißen und silberfarbenen Haaren schmücken dürfen.

Mut zu mir.  So klingt mein neuer Trend.  Und wie heißt deiner?

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.