Rezension: »Kunstkochen« von Felicity Souter / Prestel Verlag

Felicity Souter
Kunstkochen
Prestel Verlag 09/2023
ISBN 978-3791388786
36 €

Kunst liegt im Auge der Betrachterin und Liebe geht durch den Magen – beides kennen wir nur zugut. Felicity Souter hat ihre Liebe zur Kunst, zum Schreiben und Kochen miteinander verknüpft und in ihrem Buch »Kunstkochen« vereint. Die Idee ist mutig, interessant und künstlerisch-kulinarisch schön. Aber ist das nur nett anzusehen oder schmeckt es auch?

Ins Buch geschaut

240 Seiten starkes Hardcover, orangefarbene Vorsatzblätter, ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, das in verschiedene Kategorien unterteilt ist und natürlich viele viele Fotos – 52 Gemälde bzw. Bilder und genauso viele Rezeptfotos machen dieses Buch zu einem Kochbuch-Bildband. Zu jedem Gemälde wird auf einer Seite der Künstler / die Künstlerin mit Details vorgestellt, die an der Vita vorbeigehen und sich ums Kochen und das Leben drehen. Kurze Daten des Kunstwerks ergänzen die Kunstseiten.

Die Kunst

Zugegeben, ich mag Kunst. Ich würde mich als kunstinteressiert bezeichnen und hey – natürlich bin ich als Schriftstellerin auch Künstlerin, aber ich kenne viele der vorgestellten Künstler:innen im Buch nicht. Macht aber nichts, denn dank Felicity Souter kann ich sie alle kennenlernen. Was ich nicht erfahre: Geburts- und Sterbedatum, Eltern, Werdegang. Gut so. Vielmehr weiß ich nun, dass Henri de Toulouse-Lautrec ein leidenschaftlicher Jäger und Koch war und Rezepte für Murmeltier und Schweinswalfilet preisgab. Bridget Riley, deren wiederholend geometrische Werke sich im Intro und hinte dem roten Vorhang der Serie Twin Peaks (David Lynch)* wiederfinden, war mit ihrer Kunst zwar wegweisend, erlebte aber magere und harte Zeiten. Und ich erfahre, dass die wunderbare Frida Kahlo nie einen modernen Herd besessen hatte, obwohl sie mit ihrer Köchin Eulalia regelmäßige Abendessen zauberte. Ich mag das.

Was habe ich daraus gekocht / gebacken?

Die Fluffigen French Breakfast Puffs mit Honig-Thymian-Butter (S. 156) sollen an Claude Monets Verschneite Getreideschober am Morgen (1891) erinnern. Meine Variante ist die an den Klimawandel angepasste Version und somit ohne Schnee, dafür mit viel Zimt-und-Zucker-Zeugs. Auf jeden Fall fluffig und lecker. Die Schokoladen-Brownies (S. 196) sind lecker und dekoriert wie Jackson Pollocks Autumn Rhythm (1950). Schmecken!
Beide Rezepte aus der Kategorie Desserts. Ich habe bei beiden Rezepten weniger Zucker verwendet, da mir die Teige sonst viel zu süß erschienen, aber das ist – wie bei Kunst – Geschmacksache.

Hauptgerichte, Vorspeisen und Beilagen und Getränke bieten ein künstlerisches Poutpourri von Andy Warhol bis zu Henri Matisse – von Blumenkohl-Käse-Pie über Austern mit Ingwer-Schalotten-Dressing bishin zu Kombucha. Künstlerische Vielfalt? Auf jeden Fall!

Fazit

Ohja, Kunst liegt im Auge der Betrachterin und ich musste durchaus mehrfach hinschauen, um zu erkennen, was die in London lebende Felicity Souter in den Kunstwerken erkannte, um daraus ihr passendes Gericht zu kreiieren. Aber dann war die Erkenntnis positiv überraschend. Ich finde die Idee und die Umsetzung toll, auch wenn ich der Meinung bin: Es muss nicht immer zum Gemälde passen – Hauptsache es schmeckt.
Ein schönes Geschenk für alle kunstinteressierten Köch:innen!


*Als ich diese Rezension schrieb, hatte ich am Abend zuvor die erste Folge der 3. Staffel gesehen und beim Aufschlagen des Buches auf S. 182 erkannte ich sofort, dass David Lynch ein Fan von Bridget Riley gewesen sein muss und ihr Werk in Twin Peaks eingebaut hatte. Eine kurze Recherche bestätigte meine Vermutung. Ach, das Universum mal wieder!


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