Rezension: Die Kraft der Wechseljahre von Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns / Bertelsmann

Es dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, ja, auch ich stecke in den Wechseljahren, und zwar fast zehn Jahre. Das wusste ich zu Beginn jedoch nicht. Erst seit zwei, drei Jahren ist mir klar, woher all die „Wehwehchen“, die gesundheitlichen Komplikationen, die Veränderungen kommen. Meine Generation wurde diesbezüglich nicht aufgeklärt. „Da muss frau durch.“ Ein wenig motivierender Satz. Doch seit wenigen Jahren beschäftigen sich Ärztinnen mit dem Thema. Magazine und Portale schreiben über die Wechseljahre, geben Tipps und bieten Informationen. Aber das reicht noch lange nicht. Ich lese mich durch die Literatur.
Suzann Kirschner-Brouns habe ich auf Instagram entdeckt. Dort gibt sie nicht nur Tipps für die Wechseljahre.

Ins Buch geschaut

288 Seiten, Klappbroschur, mit vereinzelten Grafiken. Das Cover zeigt die Autorin selbst. Inhaltsverzeichnis vorne, Register hinten.

Suzann räumt zu Beginn mit Vorurteilen und Mythen auf, sie sieht die Menopause, trotz aller Widrigkeiten, als Chance und vermittelt bereits in den ersten Kapiteln Hoffnung auf ein gutes Leben, ein anderes Leben, ja – aber eins mit allen Möglichkeiten. Körperliche und psychische Veränderungen, bedingt durch die schwankenden Hormone beleuchtet sie im 2. Kapitel und kommst im nächsten direkt auf das, womit wir alle zu kämpfen haben, wenn wir älter werden. Bin ich noch schön genug?
Das Thema Sex, Beziehung, Scheidung und Trennung, Wünsche in dem neuen Lebensabschnitt bespricht sie offen und verständnisvoll. Immer wieder gibt sie motivierende Tipps und Anregungen. Das 5. Kapitel behandelt Depressionen und Ängste, die sehr häufig während der Wechseljahre auftreten – nicht nur, aber auch aufgrund der schwankenden, später fehlenden Hormone. Es geht um Einsamkeit, Essstörungen, Angst, Trauer und Therapie.
Die Wechseljahre sind der Zeitpunkt zurückzusehen, Fazit zu ziehen, um dann mit Sanftmut nach vorne zu blicken.
Auch im 6. Kapitel bleibt Suzan auf therapeutischer Ebene, erklärt verständnisvoll das Empty-Nest-Syndrom und wirbt für Selbstwert und Selbstmitgefühl. Ich kann das Empty-Nest-Syndrom nachvollziehen.
Doch viele nach meiner Generation, die ihre Kinder mit Mitte Dreißig bis Anfang Vierzig bekommen haben, stehen vor dem Problem, dass deren Kinder in der Pubertät stecken, während sie selbst mit den Wechseljahren umgehen müssen. Eine Problematik für die es vermutlich ein eigenes Buch geben sollte, hier wird es nur kurz benannt.
Weniger Stress, dafür mehr Lebensqualität – mutig sein, darüber handelt das nächste Kapitel. Denn wer mutig ist wird fast immer mit Stolz belohnt. Mut, so schreibt Suzan, lässt sich trainieren, ja antrainieren.

Die nächsten Kapitel behandeln im Schnelldurchlauf zahlreiche Hilfsangebote, von Yoga bis Atemtechnik, von Hormontherapie bis Mineralien gegen Schlafstörungen. Im letzten Kapitel werfen wir noch einmal einen Blick auf die Veränderung in den Wechseljahren, nicht nur auf die körperlichen, auch die neuen Lebensansprüche.

Suzan behandelt das Thema Wechseljahre und Älter werden im Allgemeinen sehr feinfühlig, beleuchtet verschiedene, auch partnerschaftliche Szenarien, vermittelt Hilfe, aber auch Mut. Denn ja, die Wechseljahre sind krasse Jahre, niemand bereitet dich darauf vor, die wenigsten Ärzte und Ärztinnen kennen die Symptome und behandeln maximal die Hormonschwankungen. Wer diesen Weg gehen will – gern. Mir war es immer wichtig, mich neu zu entdecken, einen neuen Weg zu finden, mit dem ich lerne zu leben. Die Wechseljahre sind teuflisch, aber kein Hexenwerk. Wichtig ist: Darüber zu reden, neue Wege zu finden. Wir können die Jugend nicht festhalten, müssen wir auch nicht.

Fazit

Dr. med. Sheila de Liz ist in „Women on Fire“ laut, bunt, direkt, stark auf die Hormonersatztherapie und auf die Erstaufklärung drängend. Ich kann das Buch nur empfehlen, es ist wichtig den weiblichen Zyklus erst einmal zu verstehen und sich über Möglichkeiten zu informieren, wie Östrogen wirkt, vor allem, wenn es nicht mehr vorhanden ist.
Suzann Kirschner-Brouns geht in „Die Kraft der Wechseljahre“ anders an das Thema heran. Sie ist leiser und ruhig, das sanfte beste Freundinnen Gespräch zwischen Auflärung, Atemübungen, Mental Health und einer warmen Umarmung. Ich fühle mich hier abgeholt, weniger aufgewühlt und hoffnungsvoll. Ihr Buch ist ein Lebensführer, ein Ratgeber für eine neuen Abschnitt im Leben.
Dennoch oder besser, weil beide Bücher so unterschiedlich sind, empfehle ich sowohl „Women on Fire“ als auch „Die Kraft der Wechseljahre“.

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.