Rezension: »Der Bücherdrache« von Walter Moers / Penguin Verlag

 © Cover: »Der Bücherdrache« von Walter Moers / Penguin Verlag

Und da liegt schon der nächste Roman von Walter Moers auf dem Büchertisch, vier Monate nach »Weihnachten auf der Lindwurmfeste« reisen wir mit dem Bücherdrachen nach Zamonien.

Der Autor

Walter Moers bleibt ein berühmter Unbekannter in der literarischen Welt. In wenigen Quellen heißt es, er sei am 24. Mai 1957 in Mönchengladbach geboren. Er ist verheiratet und lebt zurückgezogen von all dem Trubel rund um seine Bücher, die Comics und seine Person. Wo? Darüber wird nur spekuliert.
Selten gibt er Interviews, und vor die Kamera lässt er nur sein Alter Ego Hildegunst von Mythenmetz.

Ich bewundere das. Denn bei Walter Moers geht es nur um die Kunst – geschrieben oder gezeichnet. Das beweist auch sein neuestes Werk: »Der Bücherdrache«.

Ins Buch geschaut

190 Seiten im Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, der obere Buchschnitt ist rot eingefärbt.
Zahlreiche schwarz-weiß Illustrationen von Walter Moers schmücken die Buchseiten. Die Initialbuchstaben – also die ersten Buchstaben jedes neuen Kapitels – sind grafisch aufgehübscht. Zahlreiche Vignetten sind im Buch verteilt. Und das ist noch längst nicht alles: Die Novelle beginnt in Comicform. Auch zwischendrin wird die Geschichte immer mal wieder in kleinen Bildern mit Sprechblasen weiter erzählt. Alle Kapitel sind mit einer Überschrift versehen.
Die Kolorierungen des Umschlags stammen von Florian Biege, der auch die beiden Graphic Novels von »Die Stadt der träumenden Bücher« gemeinsam mit Walter Moers gestaltet hat.

Wieder einmal ein kleines Kunstwerk, bei dem mein Herz vor Glück und Freude schneller schlägt. Ich habe keine Zweifel, dass mir auch die Geschichte gefallen wird.

Der Inhalt

Ich bin ein Buchling, sagt der Drache!

Hildegunst von Mythenmetz wird von dem Buchling Hildegunst Zwei durch einen Spiegel in die Katakomben gezogen. Traum oder Wahrheit? Das ist noch die Frage.
Abgedroschen? Auch Hildegunst gibt dies kurz zu bedenken.

Nach dieser Graphic Novel Einleitung beginnt die Geschichte (oder der Traum).

Hildegunst Zwei möchte Hildegunst für all die wunderbaren Geschichten danken. Und das versucht er mit einer eigenen Geschichte.
Er erzählt von seiner Schulzeit, seinen Klassenkameraden, insbesondere von den sechs „Klassikern“ (s.u.) und einem Gefühl, das jeder Buchling kennt: Dem Dazugehören. Der Buchling möchte ein Ormling werden, aber dafür muss er eine gefährliche Aufnahmeprüfung überstehen: Die Klassiker fordern von ihm eine Schuppe des Bücherdrachen Nathaviel. Zeit zum Überlegen bleibt Hildegunst Zwei nicht, er muss sofort aufbrechen und erlebt dabei sein persönliches kleines Abenteuer.

Spoiler!

Dabei stößt er auf den liebenswerten, aber sehr redseligen Bücherdrachen, der seitenweise von seinem Leben erzählt und uns daran teilhaben lässt wie er zu seinem Wissen gelangt ist.
Am Ende weiß der Buchling zu viel und wird von dem Drachen gefressen. Doch damit endet die Geschichte nicht. Rettung naht.

Immer wieder tauchen Hinweis zu »Die Stadt der träumenden Bücher« auf. Wir erfahren Neues über die Buchlinge und über Drachen und lernen einen weiteren Teil von Zamonien kennen, der gar nicht so angenehm ist.

Am Ende des Buches, ab S. 167, präsentieren Verlag und Autor eine illustrierte zehn Seiten lange Leseprobe von »Die Insel der 1000 Leuchttürme«.

Hommage oder nicht Hommage? Das ist nicht die Frage!

»Der Bücherdrache« erinnert mich an zahlreiche Bücher, Schriften und Erzählungen, an Dichter und Gelehrte – eine Hommage an die Welt der Geschichten.

Da findet sich die große Schlange aus der Bibel: Leviathan.

Der Bücherdrache erinnert an Smaug, den Goldenen Drachen aus „Der kleine Hobbit“. Hier sind es keine Edelsteine, sondern Bücher, die sich in seinen Wanst gedrückt haben.
Vielleicht dachte Walter Moers an Fafnir, den Drachen aus der Nibelungensage.

Da wären noch die Klassiker, die – siehe unten – in Anagrammen auftauchen.

Nathaviel suhlt sich in den Büchern und erlangt damit das Wissen dieser Bücher und kann jede Schrift und Sprache lesen. Das erinnert mich an den Tipp zu Kinderzeiten: „Leg das Geschichtsbuch unter das Kopfkissen, dann klappt die Arbeit morgen auch.“ – Das hat bei mir nie funktioniert.
Ich denke aber auch kurz an Dagobert Duck, der in seinem Geld badet.

Nicht zu vergessen, die Sache mit dem Spiegel, der uns in eine andere Welt führt – ein in Buch, Film und Glauben stets gern verwendeter Weg, um zwischen Welten zu wandern. (Manchmal ist es auch ein Schrank, ein Bild oder ein Kaninchenbau. ;-) )

Anagramme

Natürlich sind auch wieder kleine moers’sche Knobeleien im Buch. Simpel sind die Namen des Bücherdrachens zu entschlüsseln:

Nathaviel / Elivathan / Thanaviel / Levanthia / Illathevan = Leviathan

Und wer Lust hat, kann rätseln, wer die Klassiker (S. 26)
sind.

Lösung:
Estrakos = Sokrates
Arkaneon = Anakreon
Eliastrotes = Aristoteles
Eideprius = Euripedes
Steraphasion =Aristophanes
Klosophes = Sophokles

Gryphius von Odenhobler (S. 157) = Laut diversen Quellen handelt es sich hier nicht um ein Anagramm … ich glaub nicht dran und verschiebe noch ein paar Buchstaben.

Fazit

»Der Bücherdrache« ist eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte über die wunderbare Liebe zum Buch.
Für Bibliophile, Walter-Moers-Leser, Märchenfans, Geschichtenerzähler und Schriftsteller – besonders für die!
Schön!

 © Cover: »Der Bücherdrache« von Walter Moers / Penguin Verlag

Walter Moers
»Der Bücherdrache«
Penguin Verlag , März 2019
Hardcover mit Schutzumschlag, 192 Seiten
ISBN 978-3-328-60064-0
20,00 €

Der Roman ist auch als E-Book und Hörbuch erhältlich.

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© Cover: »Der Bücherdrache« von Walter Moers / Penguin Verlag

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