Kolumne: Vegane Küche vs. Fleischeslust – Streiten bis Blut und Tomatensaft spritzen

Der Mensch streitet und  diskutiert gern, er akzeptiert andere Lebensweisen selten und ist der Meinung sein Leben ist das einzig wahre. Zurzeit ein spritziges Thema: Veganer gegen Fleischesser. Bei diesem Kampf wird pauschalisiert und verbal drauf gehauen. Drei Meinungen sind die ganze Welt. Die Bühne? Das Internet. Natürlich. 

Im Netz ist ein moderner Glaubenskrieg entbrannt. Auf der einen Seite: Die Veganer, auf der anderen die Fleischesser, dazwischen stecken die Vegetarier und die Pescetarier – auch als »Nichts Halbes – Nichts Ganzes« bezeichnet.
Ein Kreuzzug der Besser-Esser, so meinen beide Seiten. Sie reiten auf biegsamen Möhren und halbgaren Steaks aufeinander zu, ihre Waffen in die Höhe gereckt – Schnittlauchhalme gegen Fleischfasern. Nichts von Bestand, nichts das hält – auf Dauer. Toleranz und Akzeptanz – längst verdampft durch zu hohe Temperaturen. 

Keine Wachturm-Wedelei, keine Schwerter, mit denen sich die Gegner duellieren, Kirchen brennen nicht. Der Zivilisation sei Dank wird nur mit der Küchenverbrennung gedroht, werden Kochbücher geschwenkt und Fotowettbewerbe mit Kadaverabbildungen veranstaltet. Worte, Argumente und Sprüche geben der Diskussion den nötigen Pfeffer,  Intoleranz das Salz.
Köstlich ist das nur für die Seite, die mit der ersten Runde begonnen hat – und das wechselt ständig. Gleichstand. Die andere Seite versucht sich zu verteidigen und dabei den Gegner zu belehren. Grundsatz-Mobbing.

Wer es noch nicht bemerkt hat: Heute kriegt jeder sein Fett weg, ob pflanzliches oder tierisches? Bitte wählen Sie selbst.

Die (Fast- und Nur-) Gemüsefraktion

Kreuzzug der Gemüsefraktion

Kreuzzug der Gemüsefraktion

Der VEGETARIER isst kein Fleisch, ergänzt seinen Speiseplan aber mit tierischen Lebensmitteln wie Butter, Joghurt, Milch und Käse. Doch Gemüseherzchen mit Käse-Eier-Spätzle sind für den VEGANER ein Dorn im Auge.
Inakzeptabel für den Veganer und nicht selten für die gesamte Nation, obwohl diese Gattung sehr häufig vertreten ist: Der Pescetarier. Er gehört zu den Vegetariern, isst aber Fisch. Inkonsequenz³.

Der VEGANER: Möhrchen in der Hose, Gras im Hirn – so werden viele radikale Veganer gern dargestellt. Das kommt nicht grundlos: Viele Veganer fühlen sich persönlich beleidigt, sobald ein Fleischesser sein Mittagessen postet. Da wird sofort beschimpft, dann entfreundet und das Profil als bösartig gemeldet. Dabei haben Veganer durchaus eine Botschaft, ein Ziel, einen Willen, der vor allem eines beweist: Tierliebe. Das spricht für sie. Doch ein Ziel haben die Damen und Herren am Straßenrand auch, die mit dem Wachturm winken: Belehrung, Bekehrung, Gehirnwäsche.
Eiweißkonsumenten lassen sich jedoch nicht gerne mit einem Broccolibüschel bezirzen. Wer etwas ändern will, der muss die richtigen Argumente finden. Petitionen, Straßensperren, Geschrei und abschreckende Bildchen nützen nur wenig.

In der Ruhe liegt die Kraft – und auch die bessere Argumentation, dabei ein Möhrchen knabbern und den Teig für das frische Dinkelbrot kneten.

Der Fleischfresser

Der richtige Fleischverkoster wird gern zum Fresser, wenn er ständig ermahnt wird, kein Fleisch zu essen. Eiweiß-Trotz. Doch warum isst der Mensch Fleisch? Vernünftige Argumente bietet der Fleischfresser selten: »Es schmeckt.« –  »Ich brauchs.« –  »Gut für die Muskeln.« – »Das war schon immer so.«
An das, was auf dem Teller liegt, wird selten gedacht. Auch das ist okay, denn wer auf Fleisch verzichtet, sorgt leider nicht automatisch für eine bessere Tierhaltung.  Manchmal beweist der Fleischfresser jedoch auch, dass zu viel Eiweiß das Hirn nicht ausreichend durchblutet. Denn wer fragt: »Warum müssen vegetarische Würstchen so heißen, wenn Vegetarier keine Würste essen wollen?«, hat sich noch nie die Frage gestellt, woher das Wort „Würstchen“ überhaupt stammt.

Die Vielfalt der Speisen - Das macht gutes Essen und Lebensstil aus.

Die Vielfalt der Speisen – Das macht gutes Essen und Lebensstil aus.

Der Neandertaler hat aus seinem erlegten Büffel kein Würstchen geformt, das kam so auf den heißen Stein. Die Kelten sollen es gewesen sein, die aus dem erlegten Tier eine Wurst geformt und somit die Bratwurst erfunden haben. Würstchen werden also mit einem fleischlichen Inhalt assoziiert, weil vor zig Jahren ein längst ausgestorbenes Völkchen Fleischreste zu schlangenförmigen kurzen Teilen verarbeitete und diese „Bratwurst“ nannte? Ist das nicht ein bisschen veraltet?
Vor nicht ganz so langer Zeit gab es auch Telefone mit Schnüren, die will heute ja auch keiner mehr. Fortschritt nennen wir das. Und Fortschritt finden viele gut, sofern es nicht um die Wurst geht.
Der Inhalt einer Wurst darf nur so lange abwechslungsreich sein, sofern es sich um unterschiedliche Fleischsorten handelt, nur damit kleine Gimmicks im Netz kursieren können, die Nicht-Fleischesser diffamieren? Achso.
Die Wurst ist eine uralte, sehr clevere Marketingidee und vermutlich die beste Verpackung, die sich selbst ein Christo nicht hätte ausdenken können. Ob da nun Tofu, Gemüse oder Fleisch drin ist – das muss jeder für sich entscheiden. Fakt ist: Beim Würstchen kommt es auf den Inhalt an, nicht auf das Wort.

Leben und leben lassen – so schwer geworden

Einmal um die halbe Welt oder lieber den kurzen Weg?

Einmal um die halbe Welt oder lieber den kurzen Weg?

Es ist schwer, ich weiß, es ist schwer als Veganer die Lebensweise der Fleischesser, Vegetarier und Pescetarier zu akzeptieren. Und es ist so leicht über die Veganer zu lächeln, wenn die Tierliebe nicht in gleichem Maße gelebt wird. Aber das Leben wird so viel ruhiger und die Chancen einen Fleischesser zu bekehren sind so viel besser ohne den ständigen Kampf, der doch nur auf Gegenwehr stößt.

Mein Appell: Lebe dein Leben so wie du es als ideal erachtest und es umsetzen kannst. Erzähle davon wie gut es dir damit geht und wie wohl du dich fühlst, wie schön und bereichernd dein Leben geworden ist. Aber akzeptiere auch, dass andere anders leben möchten. Derik Meinköhn hat 60 Tage bewiesen, dass diese Aufklärungs-Toleranz funktioniert. Im Selbstvesuch wurde er zum VeganerKeine Meckerei, keine Motzerei, keine aufdringlichen Parolen oder wortgewandte Überredungskunst – seine Berichte waren ehrlich und offen. Mir hat das sehr gut gefallen.

Mein Tipp: Achte darauf, wo du Fleisch, Fisch und Gemüse kaufst. Abgepackte Lebensmittel, ob Fleisch, Fisch oder Gemüse, aber auch vegane Zutaten – die einen langen Weg – und nicht selten einen Umweg – gemacht haben, sind nicht gesund, selten schmackhaft, verlieren Vitamine und sind – da sind wir wieder beim Fleisch – der Grund für nicht artgerechte Tierhaltung.

Fazit

Ich verstehe die Veganer, die Vegetarier, die Pescetarier und akzeptiere die Fleischesser. Doch Grundsatz-Diskussionen über unterschiedliche Lebensweisen halte ich für sinnlos. 


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© Text und Grafiken: Nicole Rensmann
© Grafiken basieren auf Cliparts von Microsoft Corporation, verändert und bearbeitet durch Dirk Rensmann.

 

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