Missstände in großen Konzernen gibt es überall. Ich gebe zu, der erste amazon-Skandal interessierte mich kaum, denn ob in Konzernen oder größeren Unternehmen, nur selten wird mit den Menschen dort menschlich umgegangen. Es wird (ein)gespart, was Gehalt, Sicherheit und Komfort betrifft. Da ist amazon kein Einzelfall. Auch den Aufschrei zum Thema Manipulation und Forderung in der Buchbranche habe ich mit Gelassenheit betrachtet und keine der vielen Petitionen unterschrieben. Vielmehr ärgerte ich mich darüber, dass so viel Kraft investiert wurde (und wird), einen Konzern zu verändern, der sich dem Druck nicht beugen muss, anstatt sich selbst zu verändern. Und damit meine ich nicht nur den kleinen Verbraucher oder die Verlage, sondern die Konkurrenz, die es – komisch! – zu amazon gar nicht gibt.
Doch ich kam auch ans Nachdenken. Denn amazon nervt mich in letzter Zeit häufiger.
Unseriöse Marketplace Verkäufer rauben Geld und Nerven
Bei Käufen von Marketplace-Anbietern habe ich mich in den letzten Monaten sehr häufig geärgert, jedes Mal musste ich hinter der Rechnung her rennen, viele Mails und Drohungen schreiben, nicht selten erfolglos. Für private Bestellungen ist das okay, aber wenn ich für Gewerbe und Büro kaufe, dann brauche ich nun mal eine Rechnung. Umtausch war sowieso schwierig, Kontakt und Service kennen viele Marketplace Anbieter nicht.
Ein Zeitaufwand, den ich nicht gebrauchen kann. Positiv: amazon hat meine Kontaktmails an den jeweiligen Händlern weitergeleitet und sich bei mir gemeldet. Am Ergebnis hat das nichts geändert, aber es gab zumindest eine Reaktion.
Ein Punkt für amazon. Aber auch einen Punkt dagegen.
Denn hier müssen ausländische Marketplace-Unternehmen und unseriöse Händler schneller ausgesiebt und der Kunde nicht allein gelassen werden. Wer einen Service mit Drittanbietern bereitstellt muss auch dafür sorgen, dass dieser reibungslos funktioniert.
(1:1)
Der Service sinkt – Der Kunde wird zum Hofnarren
Ich bin König, denn ich bin Kunde. So möchte ich behandelt werden, zumindest annähernd. Auf Anfragen hat amazon stets schnell reagiert, nicht immer kam die E-Mail von einem deutschen Mitarbeiter, manchmal war sie schwer zu entziffern. Okay, damit konnte ich leben. Nicht immer war sie hilfreich, häufig aber schon. Pluspunkt also für den Großkonzern. (2:1)
Die Kooperation zwischen amazon und payback endete – schade, denn ich sammelte gerne Punkte. (2:2)
Nur wenige Wochen danach erhöhte amazon seinen Mindestbestellumsatz von 20,- € auf 29,- €, der nur beim Kauf eines Buches entfiel. Und außerdem wurde Prime Time von 29,- auf 49,- € im Jahr erhöht – ein teurer Spaß. (2:4)
Im gleichen Zeitraum schaffte amazon (2:5) auch offiziell die Rechnungen ab, die aber online bei der Bestellübersicht ausgedruckt werden können (sofern es kein Marketplace-Anbieter ist). Damit konnte ich leben. Ich brauche kein Papier, pdfs sind ausreichend, doch es bedeutet mehr arbeitet für den Kunden. Die Rechnung als E-Mail-Anhang bei der Versand- oder Bestellbestätigung mit zusenden, sollte bei einem System wie bei amazon es verwendet, machbar sein. (2:6)
Bis hierher – auch was die verschiedenen Skandale betrifft – war amazon das, was ich von einem großen, ausländischen Konzern erwarten darf, auch wenn ich nicht alles akzeptabel finde.
Doch es schrie in mir nach Veränderung.
Wo kaufe ich meine Bücher?
Bücher kaufe ich schon länger nicht mehr über amazon. Es gibt andere Möglichkeiten.
www.weltbild.de oder www.thalia.de – da kann ich auch payback-Punkte sammeln und im Blog über Affiliate-Programme Geld verdienen – ein bisschen zumindest. Thalia ist aber auch ein großer Konzern, den ich gar nicht sooo dolle finde, denn in den Filialen werden Bücher von kleinen Verlagen nur dann ausgelegt, wenn sie bezahlen. Das ist auch eine Form von Manipulation, die natürlich alle Ketten praktizieren. So ist das im Geschäft nun einmal.
Darum bestelle ich meine Bücher zukünftig bei der Buchhandlung Calliebe – online, mit kostenlosem Versand. Ich habe den Besitzer über Facebook kennengelernt. Ich mag, wie sich die Buchhandlung online präsentiert und darum unterstütze ich das.
Drucker, Telefon & Co. – wo finde ich das?

Manchmal ist der Preis im stationären Handel unbezahlbar.
Elektronische Artikel sind bei amazon günstig, aber schon länger nicht mehr günstiger als überall sonst. (2:5) Es gibt zahlreiche Online-Shops, bei denen wir unsere elektronischen Artikel für Heim und Gewerbe kaufen können und dabei unter dem Preis von amazon bleiben. Kleine Gewerbetreibende erhalten keine zusätzlichen Rabatte, wie die großen Händler, die nicht nur zwei, sondern acht Notebooks abnehmen. Ein normaler Privatkäufer kann zum Beispiel genauso bei notebooksbilliger.de oder voelkner.de einkaufen. Natürlich gibt es auch noch SATURN.de, redcoon.de und andere Shops – online und vor Ort.
Tipp: Wer einen Artikel im Onlineshop eines Händlers günstiger sieht als im Laden vor Ort des gleichen Händlers, kann im Geschäft einfordern, die Ware zum Online-Preis zu erhalten. Klappt meistens!
Will ich unbedingt das günstigste Angebot haben und ist mir der Händler völlig egal, bleibt nur eine Internetsuche. Das Dumme bei allen Shops ist: Auch Google manipuliert. Gebe ich also einen Artikel in die Suchmaschine ein, um einen günstigen Preis zu finden, dann kommt nicht unbedingt das raus, was könnte. Denn auch bei Google spielt Geld eine große Rolle, und wer nicht zahlt wird auch nicht bevorzugt. In meinem Browser habe ich eine „Billiger-Alarm-App“ installiert (u.a. von billiger.de und gutscheinsammler.de). Aber auch da werden nicht alle Online-Shops aufgeführt. Das Billigste muss ja auch nicht immer das beste Angebot sein, könnte aber. Das gesamte Internet durchstöbern wäre mir dann aber auch wieder zu zeitaufwändig, darum habe ich zwischenzeitlich einige Stamm-Shops bei denen ich weiß: Versand, Preis und Service stimmen.
Kleidung & Schuhe – zahlreiche Alternativen
Klamotten. Ich gebe zu, dass amazon eine breite Auswahl bietet, die ich in der Vergangenheit auch genutzt habe, ein paar Mal. Nie musste ich etwas zurück senden. Trotzdem: Alternativen gibt es online und vor Ort unzählige: Tchibo.de oder otto.de oder oder… Viele der Markenhersteller führen eigene Online-Shops. Die Preise sind etwas höher als bei amazon. Ich bin ja der Meinung, wer direkt beim Hersteller kauft, sollte auch Vergünstigungen haben, aber mit dieser Meinung stehe ich wohl alleine da. Hier müssten vielleicht auch mal die Hersteller nachbessern.
Klamotten vor Ort kaufen? Lieber nicht. Ich hasse shoppen.
Alles für die Küche
Okay, das ist schwierig, denn ich habe noch keinen Laden gefunden, der das Zubehör günstiger als amazon anbietet. Doch mit ein paar Gutscheinen hier und da gelingt es, den Preis fast zu erreichen. 1 bis 2 Euro Verlust müssen einkalkuliert werden. Empfehlungen werden übrigens gerne entgegen genommen.
Nahrungsmittel muss ich bei amazon nicht kaufen. Da bin ich also problemlos raus. Preislich scheint mir das auch nur dann günstiger zu sein, wenn eine größere Menge abgenommen wird. Wer auf Angebote bei den Kaufhäusern und Discountern vor Ort achtet, macht vermutlich bessere Schnäppchen.
Tiernahrung, Drogerieartikel im Abo?
Was kaufe ich sonst auf amazon? Tiernahrung oder Zahnbürsten im Abo. Das war praktisch. (3:6) Die Alternative zur Tiernahrung ist kein Thema, meist kaufe ich eh bei zooplus.de oder fressnapf.de, aber auch hier habe ich in letzter Zeit darüber nachgedacht, einen „kleinen“ Online-Laden zu unterstützen. Ich arbeite daran.
Bei Zahnbürsten wird es schwieriger. Da muss ich noch suchen, eine bessere Alternative habe ich noch nicht finden können und mir stellt sich die Frage: Warum eigentlich?
DVD leihen, Filme ansehen – mehr als günstig
Ein Problem. Lovefilm. Da ist amazon unschlagbar günstig. Es gibt Alternativen, aber die sind doppelt so teuer. Der Wechsel würde ein teures Filmvergnügen bedeuten. (4:6)
Der Wunschzettel – praktisch keine Alternative?
Den Wunschzettel habe ich gerne genutzt, nicht nur für Bücher, auch für andere Waren, er würde mir darum fehlen. Wer hier eine gute Alternative zur amazon-Wunschzettel-App weiß … sehr gerne. Hier zeigt sich aber auch, wie umfangreich das amazon-Angebot war und ist. Mit solchen Spielereien versucht amazon den Kunden an sich zu binden – meist ja auch erfolgreich. Hier müssten sich andere Anbieter ein bisschen Inspiration holen und nach dem Slogan arbeiten: Konkurrenz belebt das Geschäft. (5:6).

„Regenbogenläufer – 15 Geschichten für Groß und Klein“ – Geschichten für das ganze Jahre als E-Book und Hardcover.
Wie verzichte ich als Autor auf KDP?
Ganz simpel. Ich machs einfach! Meine vergriffenen Bücher habe ich als E-Books schon früh bei KDP eingepflegt. Dann kam der Zeitpunkt und ich verkaufte bei amazon so gut wie nichts mehr. Ich musste mich also entscheiden und eine Veränderung hervorrufen. Und so probierte ich Neobooks aus – nur für den Verkauf der Backlist (also der vergriffenen Romane und Geschichten) – nicht für den Wettbewerb. Zwischenzeitlich habe ich alle von mir produzierten E-Books über Neobooks laufen. Dann erscheinen sie auch auf amazon – das ist auch richtig so, aber ich erreiche weitere E-Book-Verkaufsplattformen und habe mit amazons Verkaufsstrategien und möglichen Manipulationsversuchen nichts mehr zu tun. Raus ist einfach. Das ist auch gut, denn amazon verweigert mir demnächst die Auszahlung, wenn ich nicht handle. Warum?
Ich erhielt ein Schreiben, in dem mir mitgeteilt wurde, ich müsste unbedingt ein spezielles Steuer-Formular ausfüllen und dieses nach Seattle (USA) senden, sonst bekäme ich meine KDP Einnahmen nicht mehr ausgezahlt. Dieses in Englisch (!) verfasste Formular hatte ich bereits vor einem Jahr versandt – das ist auf meinem Kundenkonto vermerkt. Damals habe ich mich schon darüber geärgert, nun soll ich es nochmal schicken für Einnahmen vor 2011. Service ist hier sehr klein und zudem in einer anderen Sprache verfasst, als in der, mit der die Firma amazon in Deutschland mit mir kommuniziert.
Folge ich den Anweisungen nicht, verweigert mir amazon meine Einnahmen. (5:7)
Aber: Die Kommunikation mit der Hotline war top und freundlich. (6:7) Eine Lösung wurde gefunden. Die Zahlungen fließen wieder.
Und auch sonst kann ich zu KDP nichts Negatives berichten, benötigte ich hilfe, ich erhielt ich sie – schnell und kompetent. (7:7)
amazon reduzieren und Mehrwert erhalten
Klar, es ist praktisch, alles bei einem Laden zu kaufen – und amazon bietet nicht nur Waren, sondern bindet mit Lovefilm, Prime Time, der Abo-Möglichkeit oder der Wunschzettel-App die Kunden an sich.
Aber es geht auch anders – zumindest teilweise. Es wird mir nicht 100%ig gelingen, amazon zu meiden, das will ich auch nicht, denn damit würde ich mir Optionen nehmen, die jedoch meine frei gewählten sind. Aber ich kann zumindest sagen: Ich habe nicht geschrien, sondern etwas verändert. Nämlich mich. Und das ist eine Veränderung, die ich weiter bewirken und dauerhaft vertiefen kann. Und dabei habe ich ein paar nette Shops entdeckt, die ich gerne wieder besuchen werde und bei denen ich tatsächlich gespart habe gegenüber dem Kauf bei amazon. Die Lieferung erfolgte schnell, es lag eine Rechnung dabei und auf Anfragen erhalte ich eine Antwort. Es geht also.
Umdenken ist angesagt
Doch nicht nur der Verbraucher muss ab und an mal sein Verhalten überdenken. Vor allem die Betreiber der Shops und die Händler vor Ort sind es, die sich ändern und mit dem Trend gehen müssen. Warum sitzen Sie auf Ihren Händen, anstatt etwas zu bewirken und Kunden an sich zu binden und sich – wie amazon auch – Alleinstellungsmerkmale zu sichern? Nachmachen kann jeder, aber innovativ sein, das hält den Kunden letztendlich im Shop (oder im Geschäft). Vielleicht hilft ja auch ein kleiner Skandal. amazon macht es vor – seit Jahren.
Dank fähiger Mitarbeiter glich amazon den Punktestand für sich aus. Der Konzern ist, da machen wir uns nichts vor, nicht der beste, die Mitarbeiter aber scheinen durchaus ihr bestes zu geben. Und mal ehrlich: Wer sich über die Zustände bei amazon beschwert, der sollte in jedem Fall Alternativen suchen, denn ein Konzern kann nicht das umfangreichste und günstigste Angebot bieten, kombiniert mit verschiedenen Zusatzangeboten und gleichzeitig übertariflich bezahlen und das Unternehmen des Jahres werden. Schön wäre es, funktioniert in der Praxis aber nur selten.
Ein Leben ohne amazon ist möglich, aber ist es erstrebenswert? Entscheide selbst.
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