Das Interview, erschienen in der 12. Ausgabe von phantastisch! (4/2003), druckte der Festa Verlag auch in P.N. Elrods Buch »Blutjagd« ab, mit Genehmigung des Achim Havemann Verlags, dem Redakteur Klaus Bollhöfener und meiner Wenigkeit. In dem Herbst/Winter 2005 Gesamtverzeichnis des Festa Verlags erschien dieses Interview ohne vorherige Nachfrage und ohne Kennzeichnung des Verfassers und des Copyright besitzenden Verlags. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass ich ein Pseudonym besitze, das »Wir« lautet … Wir trafen P.N. Elrod zum Interview, heißt es dort einleitend.
Hier also noch einmal das Original, von mir im März 2003 per E-Mail durchgeführt.
Bibliografie, Grafiken und Fotos sind nur in der gedruckten Version zu finden.
Über Vampire mit Herz
Interview mit P.N. Elrod von Nicole Rensmann
In der amerikanischen Horrorliteratur besitzt die humorvolle Rothaarige einen festen Platz als Vampir-Power-Lady. Seit 1990 veröffentlichte Patricia »Pat« Nead Elrod über 20 Romane und genauso viele Kurzgeschichten. Mit Martin H. Greenberg gab sie 1996 die Anthologie »The Time of the Vampires« heraus. Zusammen mit Nigel Bennett – unter anderem Darsteller des Lacroix in der amerikanischen Serie »Forever Knight« – entstanden 1997/98 der Roman »Keeper of the King« und das dazugehörende Hörbuch sowie weitere gemeinschaftliche Romane.
Erst der Verleger Frank Festa brachte P.N. Elrod nach Deutschland. 2002 starteten gleich zwei ihrer Vampir-Reihen im Festa Verlag (siehe auch Rezension von Andreas Wolf, phantastisch! Ausgabe Nr. 11, Juli 2003): Mit »Der rote Tod« ging der erste Teil einer vierbändigen Reihe um den jungen adligen Jonathan Barett an den Start. In »Vampirdetektiv Jack Fleming« löst der gleichnamige Detektiv mithilfe seiner speziellen Fähigkeiten so manchen Fall.
Im November folgen jeweils die nächsten beiden Bände der Reihen. Die Kurzgeschichte »Slaughter« in der Jack Fleming erneut aktiv wird, ist seit Juli dieses Jahres in der Anthologie von H.R.Giger »Vampirric«, Festa-Verlag zu lesen. Ferner schrieb Pat Elrod das Vorwort zu Kim Newman´s Roman »Der Fluch der sieben Sterne«, der als zweite Ausgabe der Nevermore Reihe, ebenfalls bei Festa im Dezember 2003 erscheinen wird.
Viele deiner Geschichten handeln von Vampiren jenseits des Klischees. Sie erhalten ein Leben, alltägliche Probleme, einen Job und mystische/magische Fähigkeiten. Verpönst du Blut saugende, mordlüsterne, seelenlose Bestien?
Absolut! Ich habe noch nie Storys mit solchen Inhalten gemocht. Außerdem, unbeseelte Killermaschinen sind wirklich extrem langweilig zu erfinden, und deshalb denke ich, dass alle Anderen auch derer müde sein müssen.
Du kannst zwar über ihre Opfer schreiben, oder über die Leute, die sie bekämpfen, aber das ist schon oft genug gemacht worden.
Willst du dem Leser beweisen, dass auch Vampire ein Herz haben können?
Ich glaube, das habe ich schon bewiesen.
Gibt es einen Roman oder eine Geschichte von dir, die vollkommen anders ist als das, was die deutschen Leser bisher von dir zu lesen bekamen?
»The Adventures of Myhr« erschien diesen Juni beim Baen-Verlag. Das Buch ist bei amazon gelistet und ein paar Leseproben sind auf der Website von Baen nachzulesen. Es ist so etwas wie »Red Dwarf« mit Magie, purer Fantasy-Spaß. Mein Held ist halb Katze, halb Mensch und basiert auf einem Freund von mir, der den Charakter erfunden hat und ihn über ein Jahrzehnt – oder so – auf Science Ficition-Cons präsentierte. (Außerdem ist Jamie Murray ein sehr talentierter Künstler, der auch das Buchcover gestaltete.) Myhr unterscheidet sich stark von den Vampirbüchern, aber es gibt einige düstere Momente in der Geschichte, zusammen mit einer Menge Humor. Es ist auf gar keinen Fall ein Kinderbuch – nicht mit dieser Szene, in der Myhr mit einer schnatternden Schar von enthusiastischen, dämonischen Supermodels in der Hölle ist, die ihn verführen, um ihm seine Jungfräulichkeit zu nehmen.
Könntest du dir vorstellen, einen Genrewechsel zu vollziehen?
Viele meiner Leser kennen nur meine Vampirbücher, aber tatsächlich bin ich sehr vielseitig, wenn es ums Schreiben geht. Ein Genrewechsel ist für mich dasselbe, als wenn ein Schauspieler verschiedene Rollen spielt. Eine Woche spielst du Shakespeare, die nächste eine Musical-Komödie, beim nächsten Mal einen brutalen Krimi, und du benötigst verschiedene Techniken, um all dies zu spielen. Ich habe einen Schauspielerfreund, den man größtenteils für nur eine Rolle kennt, die er gespielt hat, aber er hat schon alle möglichen Rollen in Theater, Film und Fernsehen gespielt, und zwar allesamt sehr gut. Das ist genau das, was ich auch beim Schreiben mache. Wenn der Job kommt, versuche ich das Beste daraus zu machen. Gutes Schreiben ist gutes Schreiben, egal, in welchem Genre du dich aufhältst.
Erst nach 12 Jahren deiner Karriere erschienen die ersten deiner Bücher in Deutschland. »Red Death« (dt.:»Der rote Tod«) und »The Vampire Files 1: Bloodlist« (dt.»Vampirdetektiv Jack Fleming«) 2002 im Festa Verlag. Wie kommt es, dass der Sprung nach Deutschland für dich relativ lange dauerte?
Mein erster Agent hat viel auf seinen Händen gesessen. Meine neue Agentin ist sehr aktiv und arbeitet hart da draußen, um meine Titel bei den Verlagen anzubieten. Und ich würdige ihre Anstrengung zu meinen Gunsten sehr.
Frank Festa plant bereits weitere Veröffentlichungen von dir in seinem Verlag; was wünschst du dir für die weitere Zusammenarbeit?
Ich bin erfreut und hoffe, dass diese Fortsetzung der Beginn einer langen und glücklichen Zusammenarbeit für uns alle werden wird.
Wie viele Originalfolgen von »The Vampire Files« sind bisher publiziert? Wie viele werden noch folgen?
Bis jetzt gibt es zehn Titel der Serie und einige Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien
(Anmerkung.: dt.: »Slaughter« in »HR Gigers Vampirric«, Erstveröffentlichung). Ich habe einen Roman zu beenden, um meinen laufenden Vertrag zu erfüllen. Ob es noch weitere mit dem Verlag Ace Science-Fiction geben wird, liegt am Verlag. Ich kann so viele Vampire Files schreiben, wie ich möchte, doch wenn der Verlag diese nicht kauft, muss ich mich nach anderen Verlagshäusern umsehen, um meine Werke in die Buchläden zu bekommen.
Würdest du den deutschen Fans ein wenig über die weiteren »Vampire Files« erzählen, speziell zum letzten Fleming-Abenteuer »Cold Streets«?
»Streets« ist viel düsterer als meine bisherigen Bücher. Ich wollte diesen Weg eigentlich nicht gehen, aber ein Charakter wurde besonders böse – und das änderte alles. Ich führe nur Befehle aus. Die Charaktere sind es, die das Buch schreiben!
»Red Death« ist das erste Buch über den jungen Jonathan Barett, der im 18.Jahrhundert lebt. Bisher gibt es nur vier Folgen. Wird es Fortsetzungen zu diesem Zyklus geben? Wovon handeln die weiteren Geschichten?
Jonathan Barrett erschien das erste Mal in meinem dritten Roman »Bloodcircle« und teilte uns dort ein wenig seiner Vergangenheit mit. Ich wollte mehr über ihn machen. Ursprünglich stammt er aus den 1860er Jahren, aber ich erkannte, dass diese Sorte Mensch, die er darstellte, aus einer viel früheren Zeit stammen musste. Seine Familie lebt auf Long Island während der amerikanischen Revolution, und sie sind auf der britischen Seite. Die Insel befand sich bis zum Ende des Krieges in der Hand der Briten. Jedes Buch, das ich über diese Zeit gelesen habe, stellte die Amerikaner als Helden und die Briten als böse Buben dar, also drehte ich den Spieß um und vertauschte die Rollen. Aus Barrett´s Sicht sind all unsere hoch geachteten Patrioten wenig mehr als Verräter und Terroristen! Das ergab eine sehr interessante Handlung!
Barrett ist ein gewöhnlicher Mann seiner Zeit, der nur versucht, mit seinem Leben klarzukommen. Seine Familie ist sein Mittelpunkt und die beste Unterstützung; vieles seiner Kraft und seines Heldentums resultiert daraus, sie vor dem Aufruhr zu beschützen, der sie umgibt. Natürlich ist ihm von großem Vorteil, ein Vampir zu sein, wenn er es mit den bösen Jungs zu schaffen hat, was er auch voll ausnutzt.
Ich würde gern ein weiteres Buch zu dieser Serie schreiben, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt. Ein anderer Verleger gibt zurzeit eine Neuauflage von all diesen Bücher heraus und hat sein Interesse an einem fünften Band bekräftigt, also werden wir sehen, was geschieht.
Du arbeitest auch mit dem Schauspieler und Autor Nigel Bennett zusammen. Woran arbeitet ihr derzeit?
Nigel ist der beste Kerl, mit dem man zusammenarbeiten kann! Er ist äußerst unkompliziert, was das Schreiben betrifft, sehr positiv, interessiert, ausgesprochen professionell und absolut brillant während unseres Story-Stormings. Er bringt einen großen Anteil kreativer Energie an den Tisch. Wir haben eine Regel: Das Wort »nein« ist nicht erlaubt während dieser Sitzungen. Wenn du weißt, dass keine Idee, die du hast, von diesem Wort abgeschossen werden kann, befreit dich das so sehr, dass du wirklich wundervolle Dinge vollbringen kannst.
Es macht viel Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten und ich habe schon viel dabei gelernt; außerdem hat er mich lahmgelegt für andere Zusammenarbeiten, weil er so großartig ist.
Wo und wann wurdest du geboren? Wo lebst du heute?
Ich lebe in Texas, und weil ich zu jung war, als es passierte, kann ich mich nicht mehr an die Zeit und den Ort meiner Geburt erinnern.
Welche Eigenschaften magst du an dir, welche hasst du?
Ich mag alles an mir, auch meine negativen Eigenschaften. Diese machen eine Person stark, sofern du dir einmal klar geworden bist, wie sie eingesetzt werden müssen, ohne dabei dich selbst oder andere zu verletzen. Ich habe sehr viel Vertrauen in meine Schreibe, was eigentlich alles über mich sagt.
Wie stehst du zu Serien wie »Buffy« und »Angel?«
Die besten Drehbücher im Fernsehen, neben »Farscape« und »Stargate-SG 1«. In erster Linie bin ich ein Stargate Freak. Richard Dean Anderson rocks!
Wenn du in einen anderen Körper schlüpfen könntest, nur für eine Nacht, wärst du dann lieber Buffy, die Vampirjägerin oder Angel, der Vampir?
Niemals. Ich bin ziemlich glücklich mit meinem eigenen Körper, vielen Dank. Obwohl ich nichts dagegen hätte, für einige profitable Minuten Zugriff zu den Bankkonten der Schauspieler zu haben.
Welche Autoren und Bücher liest du gern?
Ich liebe Lois McMaster Bujold, Roxanne Conrad, Dick Francis, Adam Hall, John D. MacDonald, Dashiell Hammett und Raymond Chandler.
Würdest du in deinem nächsten Leben alles noch einmal genauso machen wie bisher? Oder gäbe es etwas, das du von vornherein ändern wolltest?
Ich bin im Hier und Jetzt zu beschäftigt, um über ein zukünftiges Leben zu spekulieren oder das, welches ich habe, noch einmal zu überdenken. Und hey, wer würde jemals nochmal durch die Pubertät gehen wollen???
Bist du religiös?
Ich bin gläubig, aber ich gehöre keiner organisierten Religion an. Es gibt so viele Wege zum Göttlichen, dass es die Höhe der Arroganz wäre, zu behaupten, dass nur ein einziger Weg der Richtige sei. Ich habe keine Geduld für religiöse Fanatiker. Es wird von uns erwartet, nett zum Anderen zu sein, und nicht, darum zu kämpfen, zu wem oder wie wir beten. Der Schlüssel ist es, den Glauben des Anderen zu respektieren, selbst wenn wir ihn nicht teilen. Eine große Anzahl Leute haben das aber noch nicht begriffen, und die Welt ist darum ein großes Stück trauriger.
Auf deiner Website gibt es einen Bericht inklusive Fotos zur »Rocky Horror Picture Show« und der Magenta, einem Charakter aus der Show. Was verbindet dich damit?
Es war nichts Großes, nur ich und ein paar College-Kids, die auf einer Bühne pantomimisch geschauspielert haben, während der Film im Hintergrund auf einer Leinwand gezeigt wurde, genau wie viele andere Mitternachtsvorstellungen von Rocky überall im ganzen Land ablaufen. Ich würde es sicherlich LIEBEN, die Magenta auf der Bühne in einer tatsächlichen Produktion der Rocky Horror Show zu SPIELEN, aber ich habe die schrecklichste Sing-Stimme, also wird das wohl nicht geschehen.
Wie verbringst du deine Zeit, wenn du nicht schreibst?
Ich schaue Stargate-SG1. Ich sagte ja, dass ich ein Freak bin.
Wenn du drei Wünsche frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Ich glaube, dass John Lennon diese Wünsche in seinem Song »Imagine« erwähnt hat.
Herzlichen Dank für dieses Interview. Ich wünsche dir viel Erfolg für zukünftige deutsche Veröffentlichungen.
Dankeschön.
Webtipps:
- Website des im Text genannten amerikanischen Verlags
- Website von Nigel Bennett
- Website zur Serie Red Dwarf
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(c) Nicole Rensmann / phantastisch!