Interview Kai Meyer – 2005

In der 18. Ausgabe von phantastisch! erschien auch das Interview mit Kai Meyer:

»Er ist ein Gentle Giant!«

Ein Interview mit Kai Meyer von Nicole Rensmann

Auf über 40 Romanpublikationen blickt er zurück, er konzipiert Serien, schreibt Hörspiele, Comics und Drehbücher und ist der Co-Schöpfer eines Fantasy-Rollenspiels. Seine Werke werden in 17 Sprachen übersetzt. Bei dieser kurzen Beschreibung könnte man meinen, hier muss es sich um einen angloamerikanischen Autoren handeln, oder doch zumindest um einen angegrauten, allein stehenden Mann.

Nichts von dem trifft zu.

In Lübeck, am 23. Juli 1969 wurde der Autor, dem wir schon längst einige Seiten hätten widmen sollen, geboren. Mit seiner Frau Steffi und seinem Sohn Alexander, sowie zwei Hunden lebt er in einem kleinen Ort in der Eifel. In seinem gut sortierten Chaos auf dem Schreibtisch und in seinem knapp 80 qm großen Arbeitszimmer ersinnt Kai Meyer phantastische Geschichten am laufenden Band.

Doch bis es soweit war, wuchs er im Rheinland auf und schrieb von 1988 – 1991 Artikel für das Magazin MOVIESTAR, die UFA-FILMILLUSTRIERTE und die Enzyklopädie des phantastischen Films. Von 1990 – 1992 studierte er in Bochum einige Semester Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und arbeitete nach Abbruch des Studiums bis 1995 für die Kölner Boulevard-Zeitung EXPRESS.

Schon früh wollte er Geschichten erzählen, doch da er mit Beginn der Volljährigkeit plante zunächst zum Film zu gehen, verfasste er mit 19 Jahren sein erstes Drehbuch für einen Kurzfilm. Der Film wurde nie gedreht und weil er die Story nicht verschimmeln lassen wollte, schrieb er die Geschichte um und schickte sie schließlich an Michael Schönenbröcher vom Bastei Verlag. Dieser nahm die Story zwar nicht, aber letztendlich erschien sie, nach einigen Änderungen in der Mystery-Reihe des Bastei Verlages. Weitere Heftromane für die Serien »Mitternachts-Roman« und »Jerry Cotton« folgten. 1993 vermittelte ihm der Bastei-Lektor Reinhard Rohn die Chance, einen True-Crime-Roman zu schreiben: »Der Kreuzworträtselmörder« wurde 1993 bei Bastei publiziert.

Ein Jahr darauf folgte »Schweigenetz« und mit seinem dritten Roman »Die Geisterseher« gelang ihm endgültig der Durchbruch zum professionellen und erfolgreichen Autoren. Im selben Jahr stellte die Zeitung »Express«, bei der er arbeitete, schließlich den Druck ein und somit standen alle Mitarbeiter auf der Straße. Dies half ihm bei der Entscheidung, vor der er, wie er in anderen Interviews sagte, nie wirklich Angst verspürt hatte, sich selbstständig zu machen.

Bei den folgenden Zahlen braucht er sich darüber auch keine Sorgen zu machen: »Die Alchimistin« (1998) wurde rund 200.000 mal verkauft; die »Merle«-Trilogie (LoeweVerlag, 2001/02) und »Die fließende Königin« schafften es im Hardcover bereits auf eine Viertel Million verkaufter Exemplare. Außerdem wurde »Die fließende Königin« für den Deutschen Bücherpreis 2003 nominiert; beim Deutschen Phantastik Preis 2003 nominierten die Leser Kai Meyers Werke in vier verschiedenen Kategorien. Zuletzt gewann das Hörbuch zu »Die Wellenläufer« den ersten Preis der „Junge Medien-Jury“.

Er schreibt jährlich mehrere Bücher, sowohl für Erwachsene, also auch für Jugendliche. Seine Serien und Werke sind bei beiden Zielgruppen gleichermaßen beliebt. Neben Hörbuchern zu seinen Werken sind auch Filme, zu denen er die Drehbücher geschrieben hat, erhältlich. Der Film »Schrei – denn ich werde dich töten« lief auf RTL und ist als Doppel-DVD unter dem Titel »School´s Out« im Laden zu haben.

Doch trotz seines Erfolgs ist Kai Meyer bodenständig geblieben und pflegt den engen Kontakt zu seinen Fans. So betreibt er nicht nur ein gut besuchtes Forum, in dem er selbst regelmäßig anwesend ist, sondern berichtet in seinem Journal über Arbeitsabläufe und News. Seine Website ist jedem zu empfehlen, der mehr über den außergewöhnlichen Autor erfahren möchte. Für das Jahr 2005 muss der Leser, der keine Ausgabe verpassen will, tief in die Tasche greifen, so sind zum Zeitpunkt des Entstehens dieses Porträts fünf Werke angekündigt, die aus Kai Meyers Feder stammen oder an denen er beteiligt war wie z.B. »Mater Ecclesia« aus dem Feder & Schwert Verlag.

Sein Agent Michael Meller schätzt an Kai Meyer die unglaubliche kreative Phantasie und die Arbeitsdisziplin. Und erzählt, dass Kai Meyer von den jugendlichen Fans geliebt wird, insbesondere, weil er so normal geblieben ist. »Er ist ein Gentle Giant«, so Michael Meller.

Wer deine Biografie gelesen hat, muss vor Ehrfurcht tief durchatmen. Du hast bereits in jungen Jahren nicht nur viel publiziert, sondern auch internationalen Erfolg. Das schaffen manche hauptberufliche Autoren nicht in ihrer gesamten Laufbahn. Böse Geister würden vermuten, du verfügst über einen Ghostwriter. Oder hast du nur eine konsequente Arbeitsweise?

Warum bringt Erfolg eigentlich immer den Verdacht von Ghostwritern mit sich? Garantiert es gute Verkaufszahlen, wenn man die Bücher von anderen schreiben lässt? Interessanter Gedanke. Nein, ich habe natürlich keinen Ghostwriter und wüsste auch, ehrlich gesagt, nicht wofür. Mich verblüffen diese Fragen nach der Zahl meiner Bücher immer ein wenig, weil ich – und das ist nun wirklich nicht kokett gemeint – im Grunde kein besonders arbeitswütiger Mensch bin. Ich schreibe an fünf Tagen in der Woche, im Idealfall zehn Seiten, oft aber auch ein paar weniger. Selten länger als sechs Stunden am Tag. Meist kommen dabei rund vierzig Seiten pro Woche heraus, aber auch das nicht immer, weil in letzter Zeit immer mehr organisatorischer Kram dazwischen kommt, Pressearbeit, Treffen mit Film- und Verlagsleuten (was viel glamouröser klingt, als es ist) und so weiter. Rechnet man diese Seitenzahl auf ein paar Monate hoch, ist ein Buch fertig. Dazwischen liegen Recherche, Konzeption der Geschichte, Korrekturen von Druckfahnen und allerlei anderes. Nach der Arbeit an DAS BUCH VON EDEN habe ich mir zum ersten Mal eine Pause von zwei Monaten gegönnt – und was habe ich getan, außer mich durch das halbe Shaw-Bothers-Filmarchiv zu gucken? Notizen gemacht für die nächsten Geschichten. Komplett abschalten geht einfach nicht. Was aber schon ganz in Ordnung so ist.

Wie oft redigierst du deine Texte und wie eng arbeitest du mit dem Lektorat zusammen?

Ich korrigiere jeden Morgen die Seiten vom Vortag. Dann gibt es eine weitere sehr genaue Korrektur, wenn das Manuskript vollständig ist. Und eine dritte, wenn der Verlag mir die Druckfahnen – also den fertig gesetzten Text – zur Überprüfung schickt. In diesem letzten Stadium ändere ich noch mal eine ganze Menge Stilistisches, was von den Verlagen nicht besonders gern gesehen wird; aber mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt. Bei den letzten zwei, drei Büchern habe ich manchmal Teile des Manuskripts schon vor der Endabgabe zur Ansicht ans Lektorat gegeben und diese vorher ein weiteres Mal redigiert. Damit wären wir dann bei vier Korrekturdurchgängen.

Die Arbeit mit dem Lektorat ist über die Jahre immer intensiver geworden. Christiane Düring, die alle meine Jugendbücher für Loewe lektoriert hat, ist jetzt zu Lübbe gewechselt und betreut ab sofort dort meine Erwachsenenromane. Das ist sehr angenehm, weil sie viele meiner Bücher besser kennt als jeder andere. Mittlerweile kann sie mir anhand meiner Exposés genau sagen, was im fertigen Buch funktionieren wird und was möglicherweise problematisch ist. Das ist sehr beruhigend. Wir sprechen die Exposés sehr genau durch, in stundenlange Diskussionen. Ich bin da vermutlich nicht immer gleich der Einsichtigste, aber in den meisten Fällen zeigt sich irgendwann, dass sie Recht hat. Manchmal brauche ich ein paar Tage, um das einzusehen. Sie ist auch die erste Lektorin, die ich auf eigene Faust Passagen kürzen lasse. Beim dritten Band der WELLENLÄUFER-Trilogie, DIE WASSERWEBER, hat sie Kürzungen vorgeschlagen, die sich auf rund hundert Manuskriptseiten summierten – und fast alle habe ich abgesegnet.

Du schreibest niemals am Wochenende, so sagtest du in einem Interview für x-zine.de. Auch nicht, wenn unter der Woche keine Zeit war, aufgrund von Lesungen oder privaten Terminen?

Nein, niemals. Am Wochenende lese ich höchstens mal Fahnen Korrektur oder kümmere mich um Steuersachen und Ähnliches.

Hörst du Musik beim Schreiben? Wenn dem so sein sollte, welche Musik bevorzugst du?

Ich kann beim Schreiben nur Instrumentales hören, vorzugsweise Filmmusik. Das scheint vielen Autorinnen und Autoren so zu gehen. Mein ewiges Lieblingsalbum aus diesem Bereich ist Basil Poledouris´ Soundtrack zum ersten „Conan“-Film. Das Ding wird und wird einfach nicht langweilig und lief bei der Arbeit am BUCH VON EDEN als Endlosschleife im Hintergrund. Aber ich habe hunderte Soundtracks hier rumliegen. Vieles wähle ich vage nach der Stimmung des jeweiligen Romans aus. Während des Schreibens der WELLENLÄUFER-Trilogie habe ich Dutzende Male die Filmmusik der alten Advents-Vierteiler gehört, vor allem die zweite CD.

Auffallend an deinem Werdegang ist, dass du bereits mit deinem ersten Werk, das du mit 19 Jahren verfasstest, bei Bastei publiziertest. Die dadurch entstandenen Kontakte zu dem Taschenbuchlektor Reinhard Rohn halfen dir schließlich 1993 bei dem Roman »Der Kreuzworträtselmörder«.

Da ist kein Kleinverlag dazwischen, wie es heute bei vielen Autoren der Fall ist. Du hast – was sich jeder Autor, jede Autorin wünscht – direkt den Sprung zu einem Publikumsverlag geschafft. Verfolgst du trotzdem die Kleinverlagsszene?

Abgesehen von den Sachen, die Frank Festa herausbringt – und das vor allem, weil wir befreundet sind -, nehme ich das allermeiste nur in Form von Titeln oder Inhaltsangaben der einschlägigen Internet-Newsdienste wahr. Ich halte Kleinverlage auch nach wie vor für ein zweischneidiges Schwert – bevor bei vielen nicht gründlicher lektoriert wird, tut man weder den Lesern, noch den Autoren mit vielen dieser Bücher einen Gefallen. Was nicht heißt, dass es auch hier das eine oder andere Tolle geben mag. Wie gesagt, ich schaue da einfach viel zu selten hinein.

Hast du schon mal daran gedacht, auch ein Buch über das Schreiben zu verfassen oder Seminare zu geben, wie es manche deiner Kollegen handhaben?

Am ehesten ist das wohl das, was ich mit dem »EDEN-Tagebuch« auf meiner Homepage versucht habe. Darin habe ich die Entstehung von »Das Buch von Eden« vom ersten Tag der Recherche über die Manuskriptabgabe bis hin zur endgültigen Titelfestlegung dokumentiert. Na ja, sagen wir: lose dokumentiert. Aber ich arbeite in vielerlei Hinsicht zu intuitiv, um Regeln für diesen oder jenen Aspekt des Schreibens festlegen zu können. Ich wüsste auch gar nicht, warum mir das Spaß machen sollte. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass mir für so etwas einfach die Zeit fehlt.

Dein Roman »Frostfeuer« erscheint im Juli 2005. Wovon handelt die Geschichte? Wird es bei einem Einzelband bleiben oder folgen möglicherweise weitere Bände?

Die Geschichte spielt im Sankt Petersburg des späten 19. Jahrhunderts. Eines Tages steigt in einem Grand Hotel am Newski Prospekt die Schneekönigin ab, quartiert sich in der Zarensuit unter dem Dach ein – und bringt damit eine ziemlich dramatische Handlung ins Rollen. Es geht um einen gestohlenen Eiszapfen von ihrem Herzen; um eine Magierin, deren Regenschirm man nicht öffnen darf, weil einem sonst daraus eine andere Welt auf den Kopf fallen könnte; um eine Revolution gegen den Zaren und ein seltsames Eisending im Keller des Hotels; um eine, fürchte ich, sympathische Selbstmordattentäterin; und nicht zuletzt um den Mädchenjungen Maus, der im Hotel nachts die Schuhe vor den Türen einsammelt und dabei das eine oder andere mitgehen lässt. »Frostfeuer« ist eine abgeschlossene Geschichte, aber ich mag die Hauptfiguren zu sehr, um sie einfach so davonziehen zu lassen. Aber das hat erstmal Zeit.

»Meretrix« lautet der Arbeitstitel deines aktuellen Werks, an dem du derzeit noch arbeitest. Bei der Recherche habe ich verschiedene Bedeutungen zu diesem Wort gefunden. So soll es die lateinische Bezeichnung für Prostituierte sein, aber auch ein Teil der meretrix meretrix lusoria – eine bestimmte Muschelart – stehen, aus der früher weiße Steine für Go-Spiele gewonnen wurden.

Spielt das eine oder andere eine Rolle in dem Roman?

Eigentlich war es nur als Schimpfwort gedacht, dass der Protagonistin einige Male an den Kopf geworfen werden sollte – aber ich bin jetzt jenseits der 500 Seiten und bislang hat es noch niemand benutzt. Mag sein, dass das so bleibt. Ich brauchte für das Journal auf meiner Homepage einfach irgendeinen Arbeitstitel, und ich fand es ganz spaßig, dass »Meretrix« so sehr nach Hollywood-Blockbuster klingt und in Wahrheit etwas vollkommen anderes bedeutet. Ziemlich albern, fürchte ich.

»Meretrix«, der bis zu 1000 Manuskriptseiten haben wird, spielt im Mittelalter, ca. 50 Jahren vor »Das Buch von Eden«. Schließt die Handlung von »Das Buch von Eden« an »Meretrix« an oder wird es vielleicht einige Querverweise geben?

Es gibt einen einzigen Querverweis, der für den Roman selbst nicht wirklich wichtig ist – und ich überlege gerade, ob ich ihn nicht wieder streiche. Die Geschichte selbst ist vollkommen losgelöst vom BUCH VON EDEN.

Ist schon ein Veröffentlichungstermin für »Meretrix« vorhanden?

Voraussichtlich Herbst 2006. Ursprünglich Frühjahr, aber im Verlag erklärt mir jeder, dass historische 1000-Seiten-Romane im Frühjahr und Sommer schwer verkäuflich sind. Und weil wir hier über ein 25-Euro-Buch reden, sollte ich besser auf das hören, was die Marketing-Leute sagen. Aber hundertprozentig ist die Entscheidung noch nicht.

Die »Merle«-Trilogie wird demnächst als Zeichentrickmehrteiler verfilmt. Würdest du gern selbst eine der Figuren sprechen wollen? Gibt es schon konkrete Verteilungen der Sprecher?

Ich selbst als Sprecher? Nein, das sollen mal lieber Leute machen, die für so was ausgebildet worden sind. Auch ansonsten gibt es noch keine konkreten Besetzungen. Außer allerlei Produktionsentwürfen ist ja noch nicht einmal irgendwas gezeichnet. Es gibt auch noch keine endgültigen Drehbücher. Das übliche Filmchaos, eben. Das Ganze wird sich noch über Jahre hinziehen.

Du hast vier Romane unter dem Pseudonym Alexander Nix geschrieben: »Der Rabengott« (1997), »Das Drachenlied« (1997), »Die Hexenkönigin« (1997) und »Der Zwergenkrieg« (1998).

Warum hast du in diesen Fällen unter einem anderen Namen geschrieben, obwohl du Pseudonyme sonst eher für unsinnig erachtest, wie du in dem Vorwort des ersten Bandes der »Mythenwelt« verrätst.

Das hatte vertragliche Gründe. Econ hat »Loreley« damals um ein Jahr verschoben, und damit kamen sie meinem Exklusivvertrag mit Heyne ins Gehege. Darum ist das Hardcover unter Pseudonym erschienen, das Taschenbuch später aber unter meinem richtigen Namen. Die Nibelungen-Taschenbücher (gesammelt in »Nibelungengold«) waren ein anderer Fall. Ich habe die Nibelungen-Reihe damals für Econ konzipiert und wollte ursprünglich nur einen einzigen Titel dafür schreiben, den allerersten. Dann stellte sich heraus, dass es Probleme mit einigen der anderen Autoren gab: einer sprang ab, ein anderer hatte eine Schreibblockade. Da die Reihe aber wie geplant erscheinen sollte, musste irgendwer einspringen, und das hab dann ich gemacht. »Der Rabengott« und »Das Drachenlied« mag ich immer noch sehr gern, die beiden anderen hätten ein wenig mehr Planung im Detail vertragen können. Aber insgesamt hat das Schreiben aller vier eine Menge Spaß gemacht. In den beiden Alberich-Romanen habe ich mir mehr oder weniger meinen einstigen Rollenspiel-Charakter von der Seele geschrieben. Als ich – so im Alter von vierzehn bis achtzehn – noch intensiv „Das Schwarze Auge“ gespielt habe, war ich immer Zwerg, und das mit »realen« einem Meter dreiundneunzig.

Eintrag deines Journals:

29. November 2004: “Interessantes tut sich in Sachen »Wellenläufer«. Und zwar gleich auf zwei Ebenen. Genaueres dazu, sobald etwas davon spruchreif ist.“

Da dieses Interview erst im April erscheint, darf oder magst du uns verraten, was sich bei »Wellenläufer« ereignet? Pläne zur Verfilmung? Auslandsrechte?

Übersetzungen werden auf jeden Fall erscheinen – gerade haben wir Verträge für Japan ausgehandelt. Aber das war damit nicht gemeint. Möglicherweise werden in den nächsten Wochen (also im Februar ´05) erste Entscheidungen fallen, aber das kann ich jetzt noch nicht verraten. Um Verfilmungen geht es auch, aber nicht vorrangig. Die Sache als solche ist vermutlich gar nicht so spektakulär, liegt mir aber schon seit einer Ewigkeit am Herzen. Ich hoffe, dass es diesmal klappt.

Dann drücke ich dir dafür die Daumen.

In einem Interview sagtest du, dass du kein Esoteriker seiest. Bist du denn ein gläubiger Mensch?

Nein, überhaupt nicht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie die Leser auf »Das Buch von Eden« reagieren. Ich selbst halte den Roman ja nun wirklich für durch und durch atheistisch, aber ich habe mich mal mit einem katholischen Priester unterhalten, der den Schluss völlig konform zu seinem Glauben gesehen hat. Er hat die Auflösung in seinem Sinne interpretiert und alle meine Hinweise auf eine andere Deutung schlichtweg ignoriert – offenbar geht das. Eine andere Leserin hat mich mal nach einer Lesung darauf angesprochen, dass ich ein sehr gläubiger Mensch sein müsse, um ein solches Buch zu schreiben. Anscheinend ist das alles Auslegungssache, was ich ziemlich kurios finde.

Du hast in deinem Beruf schon sehr viel erreicht, weitaus mehr, als die meisten Autoren deines Alters. Welches Ziel visierst du als nächstes an?

Noch flächendeckendere Streuung in weiteren Medien, was schrecklich sachlich klingt und gar nicht so gemeint ist. Ich habe für mich selbst herausgefunden, dass ich Abwechslung brauche oder, als Klischee formuliert, neue Herausforderungen. Ich möchte meine Geschichten als Hörspiel, Film, Comic und Computerspiel sehen. Und ich bin keineswegs versessen darauf, selbst die zugrunde liegenden Drehbücher oder Skripte zu schreiben. Nur die Romane, das reicht mir schon. Sollen sich andere Leute mit den Adaptionen herumschlagen – ich kann da, glaube ich, ganz gut Konsument sein. Fan meiner eigenen Sachen, sozusagen. Aber das muss man bis zu einem gewissen Grad eh sein, sonst klappt das Ganze nicht. Ich muss an meine Geschichten glauben, und daran, dass sie gut genug sind, um sich in den Köpfen anderer Leute festzusetzen. Der Rest kommt dann – fast – von allein.

(c) Nicole Rensmann / phantastisch! / Kai Meyer

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.