Dieses Interview führte Heike Prassel im August 2000 für romansuche.de
Heike Prassel: Wie kam es zu dem Kontakt mit G. Meyer Taschenbuchverlag?
Nicole Rensmann: Wie so oft surfte ich mal wieder durchs Internet auf der Suche nach kleineren Verlagen und Literaturseiten. Auf der Links-Seite von phantastik.de las ich dann von G.Meyer´s Taschenbuch Verlag. Ich versprach mir nicht viel von einem Kontakt, habe es aber dann doch versucht, und meinen Roman „Philipp und Melanie“ vorgestellt. In sehr kurzer Zeit schrieb mir Herr Meyer zurück, ich möchte ihm bitte das komplette Manuskript zusenden.
Wie lange schreiben Sie bereits?
Als Kind habe ich bereits Limericks und kleine Sprüche geschrieben. Das ganze dann aber irgendwann total vergessen und den Wunsch, einmal Schriftstellerin zu werden verdrängt. Nicht zuletzt, weil meine Aufsätze in der Schule meist nicht sonderlich gut waren. Lediglich für einen Science-Fiction Roman erhielt ich eine gute Benotung. 1993 dann wurde ich Mitglied im Stephen King Fanclub (King Readers Association Germany, kurz: KRAG). Dort begann ich Ideen für Werbung zu entwickeln und durchzusetzen. Mit der Zeit schrieb ich dann ein paar Artikel für das Magazin, das wir herausbrachten und irgendwann meine erste Kurzgeschichte mit dem Titel „Ein Alptraum“. Keine besonders originelle Story – einfach nur Horror, sonst nichts. Aber danach packte es mich irgendwie. Die Ideen sprudelten und es musste einfach aus mir heraus. Zahlreiche Horror-Stories folgten, bis ich dann 1996 meinen ersten Roman, eine Fantasygeschichte für Kinder, schrieb. „Die Hobbijahns“ sind eine Erfindung meiner damals 3-jährigen Tochter. Leider habe ich noch keinen Verleger für den Roman gefunden, obwohl mein Herz sehr an den kleinen Wesen hängt.
Haben Sie Ihren Roman häufig überarbeitet?
Nein. Bis jetzt noch gar nicht. Allerdings dauert es sehr lange, bis ich dann tatsächlich sage: „So, Fertig!“ Im Rahmen des Schreibens überarbeite ich ständig. Als ich das Manuskript an den Verlag sandte und ich noch mal einen Blick hineinwarf, fiel mir sofort eine Formulierung auf, die mir nicht gefiel … eigentlich bin ich nie so richtig fertig. Aber irgendwann muss sich jeder mal von seinem Werk trennen. Ich glaub, das steht sogar auf Ihrer Seite … Also muss es ja stimmen!
Wie lange suchten Sie nach einem Verlag für Ihren Roman?
Das ist schwer zu sagen. „Philipp und Melanie“ habe ich Anfang dieses Jahres fertig gestellt. Jedes Mal wenn ich mit einem Roman oder einer Kurzgeschichte geendet hatte, begann der, meist frustrierende, Bewerbungswahnsinn auf die Verlage und so ging das immer ineinander über. Also in diesem Fall habe ich vermutlich ungefähr ein halbes Jahr gesucht. Ziemlich kurz, wie ich finde. Dafür suche ich, wie gesagt, für drei vorherige Romane immer noch.
Haben Sie Ihre schriftstellerischen Fähigkeiten anhand von Seminaren, Kursen oder Fachbüchern weitergebildet?
Nein. Gar nicht. Ich habe immer schon viel gelesen. Bereits als Kind habe ich Bücher verschlungen. Ich bin eher der Meinung, dass man Schreiben durch Schreiben lernt, durch Erfahrung und nicht dadurch, wie ein erfolgreicher Autor (oder auch nicht) mir erklärt, wie er sein Buch geschrieben hat. Denn jeder muss seinen eigenen Stil finden und daran arbeiten. Was nützt es mir, wenn ich wie Stephen King schreibe. Dann bin ich doch nur eine billige Kopie. Wer will das schon. Andererseits: Vielleicht wäre ich überrascht, wie interessant so ein Seminar wäre. Aber, wie gesagt, für mich wäre das nichts. Alleine schon aus Zeitgründen. Was nicht heißen soll, dass ich nichts mehr dazulernen möchte. Ich bin noch lange nicht perfekt und werde es wohl auch nie sein. Welch Glück, habe ich doch so die Chance mein Leben lang dazuzulernen, auch schreibtechnisch natürlich.
Welche Erfahrungen haben Sie mit anderen Verlagen gemacht?
Gar keine! Schlechte und Gute! Manche Verlage haben sich auf Anschreiben gar nicht gemeldet. Bei vielen Anderen kam die übliche Absage zurück: „Passt nicht ins Programm! Unser Programm steht bereits fest!“ Krasse Schreiben waren dann von DEUTSCHEN Verlagen, dir mir, in ziemlich derbem Ton mitteilten, dass Sie ganz bestimmt keine deutschen Autoren verlegen würden. Freundliche, wenn auch frustrierende Erfahrungen haben ich mit verschiedenen Kinderbuchverlagen gemacht. Dort bin ich auch mit einigen Lektoren im nähren Gespräch gewesen. Talent hätte ich, hieße es, aber wer will schon etwas über Fledermäuse und Spinnen lesen. Mädchen mit Pferdefüßen (Luzifee ist ein kleines Teufelsmädchen) – das kauft doch keiner. Ob ich nicht auch mal etwas über einen Teddy schreiben könnte? Ich bejahte diese Frage, wies aber direkt darauf hin, dass mein Teddy liebenswert wäre, aber vielleicht ein Auge verloren oder nur noch einen Arm hätte. DAS wollte sie dann auch nicht. Bei den Kinderbuchverlagen wird der Autor meist in eine Ecke gedrängt. Sie bleiben bei den Hausautoren, so wurde es mir gesagt und diese wiederum müssten das Schreiben, was der Verlag sagt. Sicherlich gibt es Ausnahmen. Aber das sind eben meine Erfahrung und nicht das, was ich möchte.
Was veranlasste Sie, das heikle Thema Kindesmissbrauch mit Fantasyeinschlägen zu kombinieren?
Das Thema sexueller Missbrauch hat mich immer schon sehr beschäftigt, sehr angegriffen, sehr verletzt. Ich wusste, irgendwann musste ich darüber schreiben. Das Problemthema reifte also langsam in mir heran, bis es eskalierte und das geschah ungefähr zu dem Zeitpunkt, als ich die Idee hatte, durch eine Decke in eine andere Dimension zu fallen. Ich sah das alles ganz deutlich vor mir, wie als würde ein Film in meinem Kopf abgespult werden. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich so ein Thema mit Fantasy mixen sollte. Aber in meinem Kopf und meinem Bauch fügte sich alles zusammen. So sehe ich es vielleicht zum einen wie eine Flucht, zum anderen aber auch um Kraft zu schöpfen… so, wie manche Sport als Ausgleich treiben, oder Lesen, Fernsehen schauen… was auch immer um die negativen Seiten ihres Lebens zu verarbeiten. Leider gibt es Missbrauch in unserer Gesellschaft und wir dürfen uns nicht davor verschließen. Nur so können wir unseren Kindern vermitteln, dass es falsch ist, was manche Menschen machen. Nur so, sind wir in der Lage zu helfen, falls es erforderlich scheint. Natürlich funktioniert das nicht immer. Aber wir sollten es zumindest versuchen … zu helfen, aufzuklären ohne Panikmache.