»Der alte Knabe hat etwas an sich, das mich manchmal auf die Palme bringt.«
Ein Interview mit ATLAN-Autorin Nicole Rensmann geführt von Ernestine Gohr
»Meine Geschichten sagen mehr über mich aus, als ich zu erzählen vermag«, betont Nicole Rensmann, geboren 1970 in Remscheid, in einem im Internet veröffentlichten Interview. Weil sie die Leidenschaft fürs Phantastische mit ihrem Mann teile, gleiche die Wohnung einem »Gruselkabinett … (mit) Statuen und Figuren, Schmuckgegenständen, Buchstützen und Stofftiere(n), die irgendwie im Fantasygenre anzusiedeln sind – vorausgesetzt es ist nicht allzu kitschig«, heißt es da weiter. Keine schlechten Voraussetzungen um sich mit Atlan, dem Experten für terranische Geschichte und galaktische Mythen, schöpferisch zu befassen.
Bei ihrem ansehnlichen Schreib-Output und mehr als 1.200 Hinweisen und Seiten im Web, ist es kein leichtes Unterfangen, jene Informationen herauszufiltern, die zusammengepuzzelt ein treffendes Porträt ergeben. Glücklicherweise hat sie zugestimmt, für die SOL ein paar Fragen zu beantworten.
Dieses Interview entstand per E-Mail im September und Oktober 2004.
Nicole, in der Vita auf Deiner Homepage ist zu lesen, dass Du 1993 mit dem Schreiben begonnen hast, und seit 2000 freie Autorin bist. Was passierte 1993? Bist Du morgens aufgewacht und hast beschlossen, im Herbst 2004 ein ATLAN-Abenteuer zu schreiben?
Damals habe ich mit Horrorstorys und Artikeln für ein Fanmagazin, das ich mitherausgab, begonnen. Später folgten erste Publikationen in JOHN SINCLAIR’s »Horror-Story der Woche«. Danach kamen zwei Kinderbücher, ein Jugendroman, außerdem diverse Kurzgeschichten in Anthologien und Tageszeitungen etc. Und schließlich »Anam Cara – Seelenfreund«.
Nie habe ich daran gedacht, einmal einen ATLAN zu schreiben. Im Gegenteil, noch im Juli 2004 habe ich in einem Interview gesagt, dass ich mir nicht vorstellen könne, bei einer Heftromanserie mitzuarbeiten.
Eine Woche nach dieser Aussage fragte mich Uwe Anton per E-Mail, ob ich Lust hätte, einen Roman für einen neuen ATLAN-Zyklus zu schreiben. Ich bat um eine Nacht Bedenkzeit und entschied mich dafür. Zu diesem Zeitpunkt benötigte ich eine Herausforderung, ich wollte Neuland betreten und etwas völlig anderes – neben meinen eigenen Projekten – versuchen. Aber ich hab auch noch nie so viel Panik vor etwas empfunden, das mit dem Schreiben an sich zusammenhängt … bis das Exposé dann auf meinem Schreibtisch lag und ich zu schreiben begann.
»Noch nie soviel Panik« bedeutet, Du hattest im Zusammenhang mit dem Schreiben nicht das erste Mal »Fracksausen«? Auf mich wirkst Du nicht gerade ängstlich. Wie selbstbewusst muss frau sein, diesen Auftrag anzunehmen?
Normalerweise schreibe ich erst einmal für mich und biete es dann den Verlagen an. Im Jahre 2003 fragte mich schon Frank Festa, ob ich einen Roman in seinem Verlag für die NOSFERATU-Reihe publizieren wolle. Dies war somit eher eine Auftragsarbeit, aber keine, vor der ich mich in irgendeiner Form ängstigte. Es war aufregend. Und meine Arbeitsweise blieb im Grunde die gleiche wie bisher.
ATLAN aber ist eine völlig andere Welt, ein neues Thema und ein für mich veränderter Arbeitsvorgang. Zusätzlich gab es Leute wie Uwe, Klaus B. und Klaus F., die ich nicht enttäuschen wollte. Außerdem hatte ich noch nie zuvor nach einem Exposé geschrieben. Da gab es viel zu lernen und ich war mir dessen durchaus bewusst und eben darum hatte ich »Fracksausen«.
Doch ängstlich zu sein oder Gefühl allgemein zu zeigen, finde ich nicht schlimm. Im Gegenteil, zeigen »frau« und auch »mann« damit Stärke. Seine Furcht zuzugeben, zeugt durchaus von Selbstbewusstsein.
Du hast Kinderbücher, Kurzgeschichten und Artikel veröffentlicht, einen Werkführer über Dean Koontz erstellt und Interviews mit Größen der phantastischen Literatur geführt. Mit Deinem ersten Roman »Anam Cara – Seelenfreund« hast Du gleich für Aufsehen gesorgt und reichlich Anerkennung bekommen. Für 2005 ist Dein neuer Roman »CIARA« beim Festa-Verlag angekündigt. Welche Diät befähigt Dich, eine Familie mit zwei Kindern und eine erfolgreiche Schreibkarriere unter den berühmten Hut zu kriegen [müsste bei Dir ein Sombrero sein …]? Jede Nacht nur knapp drei Stunden Schlaf ist nicht wirklich gesund, oder?
Schlaf ist bei mir sogar sehr wichtig, auch wenn ich nicht wirklich gut schlafe und oft dabei Gedanken wälze, aber ich versuche zumindest meine sechs bis acht Stunden Nachtruhe zu bekommen.
Wie ich das alles unter meinen Hut bekomme? Reine Organisation. Ich bin ein sehr ordentlicher Mensch, was mir viel Zeit erspart. Okay, auf meinem Schreibtisch sieht es derzeit nicht sehr ordentlich aus, aber die diversen Stapel, die dort liegen, haben alle ihren Zweck und sind in sich sortiert.
Ich arbeite viel parallel, d.h. wenn mich jemand anruft, sitze ich dabei in den seltensten Fällen ruhig auf einem Stuhl. Meist laufe ich dabei herum und erledige etwas im Haushalt, was keine große Konzentration erfordert: Blumen gießen, Wäsche zusammenlegen etc. Manchmal lasse ich während des Telefonats auch die Rechtschreibprüfung beim aktuellen Werk durchlaufen. Und wenn ich koche, dann putze oder sauge ich nebenbei.
Ferner arbeite ich vormittags intensiv, nachmittags sind es dann eher solche Arbeiten, die ich auch schnell unterbrechen kann: Website aktualisieren, Recherchen, Interviews erarbeiten etc. Am Wochenende, sofern keine familiären Verpflichtungen anstehen, sitze ich dann wieder viel und lange am Rechner.
Das funktioniert natürlich alles nur mit einem Mann, der mich da voll und ganz unterstützt. Meine Kinder sind zwar sehr selbständig, aber natürlich bin ich nach wie vor ihr erster Ansprechpartner und unter der Woche immer für sie da, wenn sie mich brauchen. Das ist der Vorteil, wenn du zu Hause arbeitest. Für mich bedeutet das zwar, per Transmitter von Kindern, Haushalt, Alltag so schnell wie nur möglich zurück in eine Geschichte zu springen, aber das ließ sich erlernen. Außerdem wächst frau ja auch bekanntlich an ihrer Aufgabe – und das immer wieder gern und ausdauernd.
Das hört sich nach virtuosem Multitasking an, nur ist das nicht ganz schön nervig? In der Weite des Alls kämpfst Du ums Überleben, das Raumschiff hat schwere Treffer abgekriegt, Dein Raumanzug klemmt … da klingelt die Nachbarin wegen einer Tasse Zucker. Oder brauchst Du das sogar zum Schreiben? Was sind oder wären für Dich ideale Arbeitsbedingungen?
Manchmal nervt es, natürlich – manchmal brauche ich es. Das ist von meiner persönlichen Tagesform abhängig, darum gibt es auch keine idealen Arbeitsbedingungen. Wenn ich ein wenig Unruhe oder Gesellschaft brauche, um zu schreiben und es ist niemand da, dann höre ich fetzige Musik dabei. Muss ich abschalten, weil mich das Chaos vor der Tür aus der Konzentration reißt, setze ich Kopfhörer auf und bevorzuge leise Töne. Ich schaffe mir meine idealen Arbeitsbedingungen, so wie ich diese zu dem Zeitpunkt benötige.