Eigentlich ist es schade, dass ich ausgerechnet diesen Film bespreche, denn in letzter Zeit habe ich sehr viele, auch gute Filme gesehen, die eine gute Kritik verdient hätten, leider fehlt mir die Zeit, ALLES zu besprechen, das mich interessiert, ich gut oder schlecht finde. Doch »Verblendung« mit Daniel Craig nach einem Roman von Stieg Larsson hat mir eine schlaflose Nacht beschert, und das sollte nicht ohne Folgen bleiben. Achtung! Dies wird ein Verriss Deluxe.
Schon der Vorspann ist so brutal skurril, dass ich versucht bin, die DVD abzuschalten. Skurril und anders finde ich gut, doch hier hat jemand versucht, sich künstlerisch auszutoben und dabei brutale Tötungsformen dargestellt – das macht es dann leider nicht besser. Kunst muss nicht automatisch auch wertvoll sein. Ich bin schon skeptisch bevor es losgeht, lasse mich aber trotzdem auf den Film ein.
Kurzer Inhalt
Daniel Craig spielt den Enthüllungsjournalisten Mikael Blomkvist, der einen Prozess und somit seine gesamten Ersparnisse verloren hat. Er steht als Lügner da. Mit seiner Chefin hat er seit Jahren ein Verhältnis, das seine Ehe ruiniert hat.
Parallel lernen wir Lisbeth Salander (gespielt von Rooney Mara) kennen, eine junge Frau, die alle Klischees eines Mädchens mit schwerer Kindheit bedient: Gepierct, schwarz gefärbte Haare, Tattoos, neigt zur Brutalität, bisexuell, durchgeknallt. Außerdem hat sie anscheinend ein fotografisches Gedächtnis, darum arbeitet sie für eine Sicherheitsfirma und spioniert – da ist die Verbindung – den Enthüllungsjournalist Mikael aus. Er ist supersauber und korrekt, abgesehen von seiner Affäre.
Der Industrielle Henrik Vanger bekundet nun sein Interesse an Mikaels Diensten und holt ihn auf seine Familieninsel. Die Familienmitglieder hassen sich, die meisten sprechen nicht einmal miteinander. Mikael soll den Mord an dem Mädchen Harriet – die Nichte Vangers – aufklären, die vor vierzig Jahren spurlos verschwunden ist. Bei der Recherche stößt Mikael auf einen religiösen Serienmörder und bringt sich selbst in tödliche Gefahr.
Kritik (Spoiler möglich)
Alle Charaktere sind dick mit Klischees behaftet. Unterschiedliche Untiefen und Abartigkeiten der Menschheit werden geballt in eine Geschichte geworfen. Von allem viel zu viel.
Es gibt nur Antagonisten, nicht eine Person ist sympathisch. Nein, ich finde auch den Journalisten ätzend. Er hat seine Ehe kaputt gemacht, weil er eine Affäre mit seiner Chefin hat. Hier liegt die Frage nahe, die bei einer Frau grundsätzlich gestellt worden wäre: Hat er sich hochgeschlafen? Er hat auch immer noch eine Affäre mit seiner Chefin, obwohl sie weiterhin verheiratet ist. Er hat auch dann noch eine Affäre mit ihr, als er mit Lisbeth – dem viel jüngeren, total durchgeknallten Mädchen, das immer wieder vom Leben und den Menschen betrogen wurde – eine Affäre beginnt. So ein Protagonist ist verantwortungslos und kein starker Charakter, der eine Handlung trägt.
Lisbeth, deren Vormund einen Schlaganfall erleidet und sich nicht mehr um sie kümmern kann, wird einem dicken, schmierigen Beamten unterstellt. Der lässt sich aber leider seine vom Staat bezahlten Arbeiten auch noch mal von Lisbeth teuer bezahlen. Der Mann missbraucht und misshandelt sie schwerst. Hier ist es also der dicke, schmierige Typ, der sein vertrauensvolles Amt an einem Schutzbeholfenen ausnutzt. Es schreit nach Klischees. Meine Ohren schmerzen.
Lisbeth rächt sich. Das war der einzige Moment, bei dem ich dachte: Na bitte, es handelt mal jemand.
Doch diese Szenen um Lisbeth und den „Beamten“ sind erneut brutal, dass ich mich gefragt habe, ob der Film nicht besser ab 18 hätte sein sollen.
Nun, Lisbeth trifft nicht zufällig auf Mikael, nein, natürlich nicht, er braucht für seine Recherchen eine Hilfe und – schön konstruiert landet Lisbeth bei Mikael – auch, wie erwähnt, im Bett natürlich. Man hat noch die brutalen Bilder der Vergewaltigung im Kopf, da zieht sich Lisbeth aus und wirft sich voller Lust auf Mikael. Lisbeth ist eben verrückt, behauptet sie von sich auch selbst.
Konstruiert ist aber auch das Verschwinden der jungen Harriet. Ein schwerer Unfall auf der einzigen Brücke, lässt die gesamte Familie zur Hilfe eilen. Beim Abendessen fällt Harriets Verschwinden auf. Da sie die Insel nicht hätte verlassen können ist die Schlussfolgerung klar: Sie muss von einem Familienmitglied getötet worden sein. 40 Jahre lang hat jeder jeden im Verdacht, die Tochter, die Cousine. die Schwester getötet zu haben. Sicher. Da würde ich dann auch nur auf der Insel bleiben, wenn ich der Mörder selbst bin.
Noch ein Manko: Dieser Film spielt in Schweden. Ich habe noch nie so amerikanisierte Schweden gesehen wie in »Verblendung«.
Es schien mir eher, als wollte hier jemand einen Film nach der guten alten Agatha Christie-Manier erzeugen. Leider ist das total nach hinten losgegangen, denn der Schwerpunkt lag auf Klischees, Gewalt und Schock-Fotos, die in kleinen Ausschnitten über die Bildschirme rannten, exakt genug, um die Untiefen der Charaktere und den Wahnsinn des Serienmörders deutlich zu machen. Detailliert wie auf einer Zigarettenpackung. Fehlte nur noch die Aufschrift: Verblendung gefährdet ihre Gesundheit. Ganz echt? Ich muss sowas nicht sehen. Subtil ist das Zauberwort, aber subtilen Schrecken hat dieser Film nicht aufgebaut.
Die Recherche von Lisbeth und Mikael hätte sich durchaus interessant gestalten können, gute Ansätze waren da. Doch die Personen blieben schwach und unglaubwürdig, die Handlung lückenhaft.
Und das Schlimmste: Es gab keine Wendung.
Fazit: Der Film »Verblendung« ist ein von Klischees getränkter, lieblos konstruierter, charakterloser Film, der nur auf Brutalität und blutige Bilder setzt. Laut amazon-Kritiken ist der Film sehr nah an der Romanvorlage. Tja. Jetzt ist auch klar, warum ich keine Krimis (und Thriller) – und auch nie einen Bestseller schreiben werde.
»Verblendung« ist der Auftakt einer Kino- Trilogie, die nach Stieg Larssons Bestsellerromanen »Die Millennium Trilogie« verfilmt wurde.