Nicht alle Kurzgeschichten auf der DVD »Nightmares & Dreamscapes« finden sich auch in dem gleichnamigen Sammelband von 1993 (dt. »Alpträume«). Vielmehr handelt es sich um eine Collection verschiedener Storys von Stephen King, die nicht nur in unterschiedlichen Sammelbändern zu finden sind, sondern auch oftmals unter einem anderen Titel:
Battleground (Schlachtfeld, aus »Nightshift« – »Nachtschicht«)
Ein Auftragskiller tötet einen Spielzeugfabrikanten, nimmt sich ein Souvenir mit und fliegt nach Hause. Dort erhält er, zu seiner Überraschung, ein Paket von der Witwe seines Opfers. Doch dieser einen Überraschungen folgen viele weitere sehr schmerzhafte.
Eine tolle Verfilmung der gleichnamigen Geschichte, die vollkommen ohne Sprache auskommt, sondern lediglich von Geräuschen, Mimik, Gesten, der Spannung, der schauspielerischen Leistung von William Hurt, dem großartigen Drehbuch von Richard Christian Matheson (Sohn des großen Richard Matheson), und nicht zuletzt den ganz hervorragenden Special-Effects lebt.
Was lernen wir daraus? Töte nie einen Spielzeugfabrikanten.
Crouch End (aus »Nightmares & Dreamscapes« – »Alpträume«)
Im wahrsten Sinne, sind die Darsteller dumm gelaufen, da sie sich verlaufen.
Gruselig umgesetzt mit zahlreichen Schockeffekten, unterschwelligen Zeichen auf die weiterführende Handlung und einer exzellenten weiblichen Darstellerin. Doch die subtile Spannung, die King dem Londoner Vorort Crouch End in seiner Geschichte verleiht, wird in der Verfilmung nur dürftig wiedergegeben.
Die Lehre: Gehe nie den falschen Weg und vor allem: Höre auf deine Frau!
In der falschen Welt (Umneys letzter Fall, aus »Nightmares & Dreamscapes« – »Alpträume«)
Am Anfang macht es richtig Spaß, den Privatdetektiv Umney, geliebt von allen Frauen, in „seiner“ Welt zu sehen. Alles ist übertrieben dargestellt und mutet wie in einem billigen Film noir an. Doch dann ändert sich die Welt, sein Leben verläuft anders, als er es kennt, und das verstört ihn. Schuld daran ist sein Erfinder – ein Schriftsteller, der sein Leben mit ihm tauschen will, doch das geht natürlich nicht gut aus.
Und was am Anfang noch Spaß gemacht hat, wirkt hier schnell langweilig und unpassend. Außerdem wird im Gegensatz zur Kurzgeschichte viel zu schnell aufgelöst, dass es sich bei Umney nur um einen fiktiven Charakter handelt. Ein etwas längerer Atem hätte hier ein überraschenderes Ende ergeben.
Moral: Trauer lässt sich nicht eintauschen, nur verarbeiten!
Das Ende vom Ende (Das Ende des ganzen Schlamassels, aus »Nightmares & Dreamscapes« – »Alpträume«)
Während im Buch der Hauptdarsteller die Erlebnisse über seinen überdurchschnittlich intelligenten Bruder aufschreibt, filmt er sich hier selbst, während er erzählt. Diese Erzählungen werden mit kleinen Rückblick-Filmen ausgeschmückt. Ruhige, etwas abgedrehte Story, zu der mir eine Lehre nicht einfallen möchte.
Im Kabinett des Todes (Der Straßenvirus zieht nach Norden, aus »Everything’s Eventual« – »Im Kabinett des Todes«)
Sehr gruselig und eng an der Geschichte gehaltene Verfilmung über einen bekannten Horrorschriftsteller, der auf einem Trödelmarkt ein Bild kauft, das ihm und all den Menschen, denen er begegnet, leider kein Glück bringt.
Was diese Geschichte zu den besten der Sammlung werden lässt, ist die Tatsache, dass die „Bewegung“ im Bild immer nur verschwommen durch sich bewegende Schatten vorgegaukelt wird, statt billige (oder auch teure) Spezialeffekte einzusetzen, die trotzdem nicht das gewünschte Gruselerlebnis gebracht hätten. So kann man sich immer wieder fragen, wenn das Gemälde ins Bild kommt: „Hat sich der Straßenvirus nun bewegt, oder nicht?“ Die Leistung eines sichtlich gealterten Tom Berenger trägt zum Gelingen der Story bei.
Moral: Man sollte eben nicht jeden Schrott kaufen.
Das fünfte Viertel (aus »Nightmares & Dreamscapes« – »Alpträume«)
Nach seiner Entlassung will ein Ex-Ganove endlich sauber bleiben, doch dann wird sein Kumpel erschossen – sein Kumpel, der mit seiner Frau geschlafen hat und eigentlich nichts Besseres verdient hat. Doch bevor er stirbt, erzählt er von viel Geld und einem großen Coup.
Hier versuchte sich King an einem kurzen Krimi (und weil es ein solcher war, wählte er bei der Erstveröffentlichung das Pseudonym „John Swithen“ – sein einziges Pseudonym neben dem bekannten Bachman-Namen). Und mehr darf man auch nicht erwarten. Nett erzählt, aber nicht wirklich spannend. Zudem nicht gerade nah an der Vorlage.
Die Lehre: Wer den Hals nicht voll kriegt …
Autopsieraum 4 (aus »Everything’s Eventual« – »Im Kabinett des Todes«)
Diese Verfilmung hält sich zwar nicht 100-prozentig an die Geschichte, gehört aber zu den besten Inszenierungen auf dieser DVD. Obwohl ich den Ausgang kannte, fieberte ich mit dem durch einen Schlangenbiss gelähmten und wie tot wirkenden Hauptdarsteller mit (Richard „John-Boy Walton“ Thomas, der nach »ES« nun bereits die zweite Stephen King-Verfilmung auf der Liste hat), der die meiste Zeit über nackt im Autopsieraum auf seine pathologische Untersuchung wartet und dabei in Gedanken ständig mit den anwesenden Pathologen spricht, sie mögen ihn doch bitte nicht aufschneiden.
Spannend umgesetzt. Ich hätte mir allerdings die beiden flirtenden Pathologen nicht so humoristisch gewünscht. Mehr Witz ja, aber auf eine andere Art, und das Flirten wirkte nicht intensiv genug auf mich, und daher eher albern. Des Weiteren wirkte die fünfte „bekannte“ Darstellerin der Serie, Greta Scacchi, nicht nur etwas stark geliftet, sondern enttäuschenderweise auch noch schauspielerisch platt.
Halte dich von hohen Wiesen fern … und lass das Golf spielen, es führt zu nichts.
Rock´n Roll wird niemals sterben (Verdammt gute Band haben die hier, aus »Nightmares & Dreamscapes« – »Alpträume«)
Wieder ist es eine falsche Abzweigung und der Männerstolz, der die Hauptdarsteller (darunter Steven Weber, der in der Neuverfilmung von »The Shining« den Jack Torrance spielte) in ein seltsames Dörfchen namens Rock ’N’ Roll Heaven führt.
Schnell wird klar: die dort lebenden Menschen sind wandelnde Zombies – Rock´n Roll Zombies.
Und diese lechzen geradezu nach Menschen, die sich verfahren haben, denn diese sind ihr Publikum bei der nächtlichen Show – die manchmal auch ein Jahr dauern kann.
Die Geschichte machte Spaß, es gab aber keine besonderen Wendungen, dafür die ein oder andere ekelige Situation und gute Musik – nur die Doubles der Rock ’n’ Roll-Größen wie Elvis Presley, Janis Joplin, Ricky Nelson, Roy Orbison etc. hätten etwas mehr Ähnlichkeit haben können.
Das Fazit: Höre auf deine Frau – zum Zweiten!
Meine Favoriten:
»Battleground«, die erste Verfilmung auf dieser DVD war für mich auch die beste, dicht gefolgt von »Autopsierraum 4». »Rock´n Roll« wird niemals sterben und »Im Kabinett des Todes« folgen. Alle anderen Storys fallen leider stark zurück.
Die DVD enthält zahlreiche Specials, u.a. dramatische Entwicklungen in Stephen Kings Nightmares & Dreamscapes, aus den Gedanken von Stephen King, Vom Roman zum Film, Hinter den Kulissen. Außerdem Interviews mit den Stars und ein Special zu den Effekten in Battleground.
3 DVDs im Schuber, 378 Minuten, ab 16 Jahren.
Vielen Dank an meinen Mann für unterschiedliche Ergänzungen. Es ist immer wieder gut auf ein wandelndes Stephen King-Lexikon zurückgreifen zu können, als zig Bücher wälzen zu müssen.
© Text: Nicole Rensmann
© Cover: Warner Home Video