Gelesen: »Joyland« von Stephen King

JoaylandMein letzter King ist schon eine Weile her und das ist, wer meine Vergangenheit kennt, ungewöhnlich. Doch es gab den Tag, da habe ich den Bezug zu Stephen King und seinen Büchern verloren. Das lag nicht an ihm, sondern an mir. Neben »Die Arena« steht »Zwischen Nacht und Dunkel« in meinem Buchregal. Ich kann mich aber nicht einmal daran erinnern, dass ich diese Novellensammlung gelesen habe. Seltsam, aber so steht es nicht nur geschrieben. »Der Anschlag« fesselte mich nicht, und somit habe den Roman nicht einmal beendet – eine Premiere. Doch irgendwie wollte ich King und mir noch eine gemeinsame Chance geben und freute mich, als »Joyland« eintrudelte. Der Roman ist groß gedruckt und mit etwas mehr als 350 Seiten kein Palaver-Schinken. Obwohl King seine Hauptfigur viel palavern lässt, ohne jedoch ins Labern zu verfallen. Und das macht »Joyland« aus.

Der erste Satz: „Ich besaß zwar einen Wagen, aber in jenem Herbst des Jahres 1973 ging ich von Mrs. Shoplaws Strandquartier im kleinen Örtchen Heaven’s Beach aus meistens zu Fuß nach Joyland.“

Devin Jones ist 21 Jahre alt, seine erste große Liebe hält ihn auf Abstand und entfremdet sich mehr und mehr von ihm. Um sich für sein Studium ein bisschen Geld zu verdienen, jobbt er in den Sommerferien in einem Vergnügungspark – Joyland. Ein Job, der sein Leben prägen wird. In dieser Zeit macht seine Freundin in einem Brief mit ihm Schluss, er lernt eine 10 Jahre ältere Frau und ihren todkranken Jungen kennen, der das 2. Gesicht zu haben scheint.
Die Wahrsagerin des Vergnügungsparks sagt ihm einige interessante Begegnungen voraus, die sich tatsächlich bewahrheiten. Er rettet einem kleinen Mädchen das Leben. Und da wäre noch die Geschichte über den Geist in der Geisterbahn – der ungeklärte Mord an einer jungen Frau.

»Joyland« erzählt die Lebensgeschichte eines Mannes, der seine erste große Liebe nie völlig vergessen konnte. Ein junger Mann, der seinen Platz im Leben sucht, der von Traurigkeit und Selbstmordgedanken spricht, der einfach mal aus seinem normales Leben für ein Jahr aussteigt um zu sich zu finden. Der seinen Vater liebt, seine Mutter verloren hat und auf der Suche nach neuen Zielen ist. Ein Mensch, wie es jeder von uns hätte sein können.

Auf den ersten Seiten fühlte ich mich in Kings Frühwerke zurückversetzt. Wahrsagungen, das zweite Gesicht und Vergnügungsparks, echte Geister in der Geisterbahn, ein ungeklärter Mord – all das sind typische Elemente seiner frühen phantastischen Literatur, aber wer hier Horror sucht, wird dieses Genre nicht finden. Kings Schreibstil erinnerte mich an seine Bachman-Werke.
Stephen Kings neuer Roman »Joyland« ist eine nette, ruhige Geschichte mit vielen bezaubernden, stilistischen Highlights, aber ohne viel Schnick-Schnack. Die wenigen mystischen Elemente, derer sich Stephen King bedient, sind so dezent, dass die Geschichte auch ohne hätte auskommen können. Auf das an einer Stelle verwendete Horrorelement hätte King durchaus verzichten dürfen. Aber vielleicht wollte er am Ende noch einmal kurz seinem Namen alle Ehre machen. Doch das ist gar nicht nötig. Der ehemalige Meister des Horrors ist sanft geworden. Und diese Sanftheit steht »Joyland« verdammt gut.

Kleine Randnotiz: Stephen King erwähnte den Blarney-Stone, einen Stein aus Irland, der – kopfüber geküsst  – Glück in der Liebe verspricht. Über diese irische Legende habe ich bereits Ende der Neunziger eine Geschichte geschrieben, kein großartiges Highlight, aber tatsächlich ist es das erste Mal, dass ich den Blarney-Stone in einem Roman erwähnt finde. Mein persönliches Aha-Erlebnis.

Fazit: »Joyland« hat mich zu Stephen King zurückgebracht, und das sagt doch mehr aus als jedes weitere Wort.

Vielen Dank an den Heyne Verlag!

 

Webtipps: 

Weitere Informationen und Leseprobe auf der Webseite des Verlags.

 

Stephen King 
Joyland
Originaltitel: Joyland
Übersetzung: Hannes Riffel
Heyne Verlag, 06/2013
Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3453268722
19,99 €

Der Roman ist auch als Audiobook und als Hörbuch erhältlich. 

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