Ein Jahr nach Veröffentlichung des ersten Bandes präsentiert der Tre Torri Verlag »Das große 1 x 1« der Kochprofis, um das ich in meiner Rezension »Unsere Kochschule – Das 1 x 1 des Kochens« gebeten hatte. Nicht, dass ich glaube, die Kochprofis würden mit ihrer Fortsetzung meinem Wunsch entsprechen. Nein, ich fürchte, sie wissen nicht einmal, wie oft und wie gerne ich in ihr erstes Buch schaue. Aber die logische Schlussfolge ist: Nach dem kleinen 1 x 1, kommt das große 1 x 1.
Und da isses nun. Doch diesmal hat sich nicht nur das Team in seiner Zusammensetzung verändert, auch das Buch bietet inhaltlich eine andere Aufmachung.
Seit September 2014 hat Nils Egtermeyer den Platz von Mike Süsser eingenommen. Zusammen mit Andi Schweiger, Ole Plogstedt und Frank Oehler kämpfen sie auf RTL II gegen chaotische Kochzustände, retten ungelernte Gastronome aus der Insolvenz und vermitteln Kochwissen an ungelernte Köche, die manchmal nicht viel mehr als eine Dose öffnen können. Einsatz am Herd – nicht selten auf unterschiedliche Art und Weise schweißtreibend. Nun präsentieren sie ihr zweites gemeinsames Buch, in dem der Hobbykoch von den Erfahrungen der vier unterschiedlichen Köche profitiert. Sicher?
Das Buch
Das Buch passt von außen zum ersten Band, der Inhalt weicht jedoch deutlich ab. 17 Menüs stellen die Profiköche vor, zu jedem Menü gibt es eine Vor-, Haupt- und Nachspeise, die jedoch auch für sich alleine steht. Diese 51 Rezepte bieten eine schmackhafte Mischung aus deftigen oder süßen Mahlzeiten, es wird kalt und heiß aufgetischt, mit und ohne Fleisch. Anders als bei anderen Sternekoch-Kochbüchern, enthalten die Rezepte kaum außergewöhnliche Zutaten. Ein Pluspunkt.
Auf Seite 5 befindet sich ein Vorwort, das – leider – nichts weiter als ein 5-Sterne-Content-Pressetext ist. Unpersönlich und somit unnütz. Anschließend werden die vier Köche mit Foto, einer kurzen Vita und einem Statement zu ihrer gemeinsamen Leidenschaft, dem Kochen, vorgestellt.
Dann geht es mit dem ersten Menü los und wir befinden uns mitten im Frühling. Denn die Menüs sind nach Jahreszeiten sortiert. Das hat Vorteile für alle, die auf regionale Küche achten. Die Menüs sind gleich aufgebaut und beginnen mit drei Fotos der einzelnen Gerichte. Auf der nächsten Seite folgt eine „Speisentafel“ (heißt das so?), dann kommt die Vorspeise. Ca. 8 Seiten pro 3-Gänge-Menü wurden eingeplant.
Alle Rezepte sind mit nummerierten, nicht beschrifteten Bildern versehen und zeigen einzelne Zubereitungsschritte. Außerdem finden sich in dem 160 Seiten starken Buch Specials über Tomaten und Würste.
Fotos vom Ort des Geschehens, auf denen die Kochprofis zu sehen sind, fehlen diesmal. Dafür finden sich im Buch verstreut kleine Interviews mit jedem einzelnen Koch – ein Porträtfoto gibt es dazu.
Was habe ich daraus gekocht?
Viel! Samstag nach dem Einkauf kam das Kochbuch, heute ist der darauf folgende Donnerstag. Alle Zutaten hatte ich im Haus – sehr praktisch, so mag ich das – oder konnte ich austauschen. Ein komplettes Menü habe ich nicht exakt nachgekocht, sondern aus einem Menü die Vorspeise, aus einem anderen das Hauptgericht und dann nur das Dessert gewählt, verteilt auf mehrere Tage. Das werde ich auch weiterhin so handhaben, denn es gibt immer Zutaten, die ich entweder nicht vorrätig habe oder einem Familienmitglied nicht schmecken.
Das Rote Bete Carpaccio (S. 124/125) aus dem Winter-Menü 14 passte perfekt, denn als »Die Kochprofis 2 – Das große 1×1 des Kochens« im Briefkasten lag, hatte ich bereits am samstäglichen Wochenmarkt eingekauft, Rote Bete lag schon im Gemüsefach und wartete darauf, verarbeitet zu werden. Ich bevorzuge die rohe Variante und koche sie lieber selbst. Das spare ich mir zukünftig aber, denn die Kochprofis weisen darauf hin, die Rote Bete mit Salz und Balsamico in Alufolie zu wickeln und dann für eine Stunde im Ofen zu garen. Super. Der Herd ist frei, es dampft nicht ständig und ich habe meine Ruhe. Außerdem schmeckt die Rote Bete so viel besser. Das Carpaccio sollte mit Wilden Salaten gekrönt werden, ich hatte Rucola gekauft. Und natürlich habe ich auf die Manchego verzichtet und stattdessen Ziegenkäse verwendet. Auch die Vinaigrette musste ich etwas abwandeln. Das ist aber kein Problem. Denn bei einem Rezept muss Freiraum für eigene Ideen bleiben.
In diesem Menü 14 wurde das Dessert Kokosflan á la Karamell (S. 128/129) kredenzt.
30 g Zucker sollen mit 1 TL Wasser karamellisiert werden. Das funktioniert auch, doch der Karamell ist so wenig, dass er sofort hart wird, wenn er auf dem Boden der Form aufkommt und nicht einmal annähernd die Fläche ausfüllt. Zweiter Versuch mit viel Zucker und Wasser nach Gefühl. Nun war es zwar zu viel, aber ausreichend Karamell, den ich in eine 20 cm lange Schüssel – so wie es im Rezept steht – gab. Aus 250 g Kokosmilch, 2 Eiern, 25 g Zucker und 15 g Kokosraspeln sollte der Flan hergestellt werden. Klappt, ist aber so wenig, dass die Form nicht mal halb voll wird – anders, als es auf den Fotos gezeigt wird. Natürlich bin nicht ich der Kochprofi, kenne mich aber ziemlich gut mit Büchern, Schreiben und Tippfehlern aus. Und Fehler passieren nun einmal. Sonst wärs ja auch irgendwie langweilig. Vielleicht – und das möchte ich auf keinen Fall bestreiten – habe ich auch etwas falsch gemacht. Doch hätte das Dessert dann so lecker geschmeckt? Das nächste Mal – und es wird ein nächstes Mal geben – verwende ich Souffléförmchen, dann hat auch jeder seine eigene Portion. Auch den Kokos lasse ich weg, da ich das Gekriesel auf der Zunge nicht mag.
Noch immer bin ich beim Samstagswochenmarkteinkauf und da landete auch ein kleiner Hokkaido in der Tasche, der wurde jetzt zu Kürbispüree (S. 101) aus dem Menü 11.
Kürbis im Ofen zu garen, ist – wie auch bei der Roten Bete – eine feine und deutlich schmackhaftere Gar-Variante, als im Topf mit Wasser oder Brühe. Denn wie schon beim Kürbis auf dem Blech aus »JETZT! Gemüse« von Sebastian Dickhaut musste auch dieser Hokkaido in den Ofen. Warme Milch, Salz, Pfeffer, frisch geriebene Muskatnuss, Olivenöl, Zitronensaft und geschlagene Sahne, ein Pürierstab – mehr brauchte es nicht und der Kürbis wurde zum Püree.
Zugegeben, das Püree sieht ein bisschen wie Karotten-Babybrei aus, schmeckt aber besser. Und da noch etwas übrig geblieben ist, habe ich am nächsten Tag noch Herzogin-Kürbis gemacht. Das funktioniert genauso wie Herzogin-Kartoffeln, allerdings nicht mit gestampften Kartoffeln, sondern in diesem Fall mit Kürbispüree. Resteverwertung, so gut es eben geht. Leider ist mir kürzlich ein Stück meiner Spritztülle abgebrochen, was das Formen etwas erschwert. Aber wir sind ja nicht auf einem Food-Designer-Wettbewerb.
Die Maisküchlein (S. 153) aus dem Menü 17 habe ich in ähnlicher Zusammenstellung schon in Andi Schweigers »Vegetarisch mit Leidenschaft« und in dem Kochbuch »Süsser, was kochen wir heute?« von dem, in diesem Jahr ausgeschiedenen, Koch Mike Süsser entdeckt.
Lasst uns noch einmal süß werden. Das Dessert (S. 76/77) aus Menü 8 besteht aus zweierlei Cookies mit Vanilleeis. Im Rezept steht tatsächlich 1/2 Packung Vanilleeis. Packung? Das habe ich ignoriert. Fertigeis gibt es bei uns nicht. Doch diesmal hatte ich keine Lust Eis selbst zu machen. Cookies haben nämlich den Vorteil, die schmecken auch ohne Eis. Dann lassen sie sich zwar nicht – wie vorgesehen – aufeinanderlegen, macht aber nichts. Zur Not hätte auch Sahne funktioniert, vielleicht sogar mit Eierlikör oder Kaffeelikör, zumindest bei den Double-Choc-Cookies, die aus Kakao und weißer Schokolade bestehen. Die Cranberry-Mandel-Cookies wirken auf den ersten Blick gesund, denn Haferflocken, Cranberrys und Honig scheint erst mal fast ein gutes Frühstück zu sein. Doch Butter und Rohrohrzucker lassen die Cookies zu einem dicken süßen Keks werden.
Statt Cranberry habe ich Berberitzen verwendet – die sind kleiner, etwas säuerlicher, aber lecker. Anstatt Honig landete bei mir Agavensirup im Teig. Laut Rezept sollten die Teige jeweils 2 Stunden in den Kühlschrank, dazu hatte ich leider keine Zeit. Es musste auch ohne gehen. Und es funktionierte auch ohne Kühlzeit. Mit etwas Mehl und befeuchteten Händen ließ sich der Teig schnell und gut verarbeiten. Allerdings brauchten die Cookies bei mir 15 bis 20 Minuten, nicht wie angegeben ca. 10 Minuten.
Pfannkuchen (S. 66) aus dem Menü 7 werden zwar auch als Dessert verwendet, ich habe daraus aber einfach ein schnelles Hauptgericht gemacht. Klar, das waren nicht meine ersten Pfannkuchen, aber es gibt so viele Rezepte dazu, warum also nicht auch mal den komplett zuckerlosen Pfannkuchen aus dem Kochprofi-Buch ausprobieren. Simples Rezept für dünne Pfannkuchen, schnell angerührt, kurz stehen gelassen. Ausbacken. Fertig. Dazu passt Salat, Apfelmus, Käse, Camembert oder – wie hier im Bergischen – Apfelkraut bzw. Zuckerrübensirup.
So, und jetzt ist Schluss. Ich habe noch einige Zettelchen im Buch und werde auch in den nächsten Tagen das ein oder andere Gericht ausprobieren, z.B. die Bananen-Quark-Bällchen (S. 147) oder das Nuss-Nougat-Parfait (S. 155), aber auch Herzhaftes wie die Rotwein-Linsen (S. 135). Aber morgen koche ich erst mal ohne Vorlage.
Leise Kritik
Band 1 der Kochprofis verwende ich gerne, als Gedächtnisstütze, zum Nachschlagen oder nur mal so. Die Gerichte sind alltagstauglich, von „gut bürgerlich“ bis 1 Sterne-Dessert findet sich darin sehr viel, was jeder nachkochen kann. Vor allem Grundrezepte bietet das Buch für alle, die keine Tüten oder Packungen mehr aufreißen möchten. Tipps, O-Töne und Fotos der Kochprofis in Action machen Band 1 aber auch zu einem ehrlichen, persönlichen Kochbuch.
Band 2 wirkt deutlich unterkühlt. Viele Rezepte, aber keine Tipps, auch scheinen manche Fotos nicht exakt zum Kochablauf zu passen. Das finde ich schade.
Fazit
Ein Kochbuch mit vielen schönen Rezepten, die keinesfalls überkandidelt wirken, sondern einfach und schnell nachgekocht werden können, ohne kostspielige Zutaten einkaufen zu müssen.
Leider fehlt der persönliche Charakter der vier Kochprofis. Das macht »Das große 1×1 des Kochens« zu einem vielschichtigen und kochkreativen Nachschlagewerk, mehr nicht. Aber vielleicht ist das so, wenn Kochbuch schreibende Kochprofis groß werden.
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Die Kochprofis 2 – Das große 1×1 des Kochens
Hardcover
Tre Torri Verlag GmbH, Dezember 2014
160 Seiten
ISBN 978-3-944628
19,90 €
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Webtipps
- Leseprobe auf der Webseite des Verlags
- Webseite der Kochprofis auf RTL II
- Webseite Andi Schweiger
- Webseite Frank Oehler
- Webseite Ole Plogstedt (Das Olsen-Restaurant schloss Mitte Mai 2016)
- Webseite Nils Egtermeyer
© Cover: »Die Kochprofis 2 – Das große 1×1 des Kochens« / Tre Torri Verlag
Vielen Dank an den Tre Torri Verlag!