»Odd Thomas« gehört ebenso zu meinem halben Dutzend Favoriten. Es ist so ungewöhnlich, dass ich nicht viel darüber sagen möchte«, sagte Dean Koontz über seinen neuen Roman.
Odd (engl. = seltsam, kurios) Thomas, so lautet nicht nur der Name des Protagonisten, sondern auch der Originaltitel des Romans, ist ein ungewöhnliches Buch, das von einem ungewöhnlichen Menschen handelt: Odd hasst Waffen, überschreitet manchmal – aus gutem Grund – die Grenzen der Gesetze und arbeitet als Koch in einem Imbiss. Traurige Details aus seiner Kindheit vertraut er uns im Laufe der Geschichte an, so wurde er z. B. als Kind an zwei Tote gefesselt und mit diesen in einem See versenkt. Neben seiner Freundin Stormy gehört der Polizeichef zu seinen engsten Vertrauten. Außerdem ein dickleibiger Schriftsteller, der an einer Hand sechs Finger hat und seine Vermieterin, die ihn an seine Oma erinnert. Und da wäre noch Elvis, der ihn während der Geschichte wiederholt besucht – als stummer, aber oft weinender Geist. Odd Thomas ist ein Niemand, so behauptet er selbst. Ein Niemand mit einem Helfersyndrom und einer Gabe, die ihn die Toten sehen lässt. Neben den – ihm zumeist freundlich gesonnenen – Verstorbenen, sieht Odd jedoch auch die Bodachs – substanzlose, dunkle Schatten, die sich am Leid der Opfer laben und Odd Thomas somit ungewollt den Weg zu einer geplanten Bluttat weisen. Schon zu Beginn des Romans beweist Odd sein Können, doch dann verstrickt er sich in einer komplizierten Story auf der Suche nach einem Mann, der seine Aufmerksamkeit erregt. Er verfolgt den Pilzmann, wie er ihn nennt, bis in seine Wohnung – und stößt dort auf ein tiefschwarzes Zimmer, das ihn wenige Minuten in der Zeit zurückversetzt. Ein Tor zur Hölle? Das Zimmer verändert sich und wird zu einem ordentlichen Büro mit einer Sammlung über Massenmörder jeglicher Art. Odd flüchtet, vertraut sich seiner Freundin und dem Chief an und bringt sie so alle in Gefahr. Von da an wird Odd zum Verfolgten, bis er den Pilzmann in seiner eigenen Wohnung tot in der Badewanne findet – erschossen mit einer Waffe die auf dem Küchenboden liegt. Er gerät in Panik und lässt die Leiche verschwinden. Als auf den Chief ein Attentat verübt wird, sucht Odd alleine nach den Tätern und muss Schmerzen und herbe Verluste verkraften.
Wer ein Happy End erwartet, der wird enttäuscht.
Zu Beginn verwöhnt Koontz den Leser mit einer interessanten, stilistisch blumigen Geschichte über einen Mann, der seine Gabe einsetzt, um Menschenleben zu retten. Doch Koontz führt die Geschichte über Odd Thomas mit einer wirren Mischung aus paranormaler Detektivgeschichte, Helden mit Kindheitsalpträumen, Sekten, Terrorismus, Massenmördern und wahrer Liebe zum Ende und überfrachtet den Roman somit thematisch.
Gute Unterhaltung bietet »Die Anbetung« jedoch allemal. Und was aus dem vermeintlichen Tor zur Hölle und den vielen anderen Verbindungen wird, erklärt Dean Koontz möglicherweise in der Fortsetzung »Forever Odd«, dessen Veröffentlichung in Deutschland der Heyne Verlag bestätigt, auch wenn er noch kein konkretes Datum dafür nennt.
Viel-Koontz-Leser wissen, dass der Autor immer wieder gern einen Hund an die Seite des Protagonisten stellt. Diesmal jedoch findet ein Hund lediglich eine kurze Erwähnung als Filmcharakter eines Kinofilms, den viele Bewohner des Ortes zu sehen wünschen. Dafür spielt eine Katze mit, die aber keine sehr gnädige Rolle spielt.
Das Böse erklärt Koontz diesmal in der Realität und erwähnt u.a. die Anschläge auf das Word Trade Center. Keine böse Organisation – wie so oft – jagt den Protagonist, dieser wird nur von seiner eigenen Vergangenheit und seinem Schicksal verfolgt. Natürlich gibt es eine Liebesgeschichte, aber Koontz schien bewusst darauf zu achten, die in seinen Romanen häufig übertrieben dargestellte Schönheit des weiblichen Parts nicht ausarten zu lassen. »Die Anbetung« entpuppt sich als eine nette in gewohnt sicherem und angenehm lesbarem, klarem, aber oftmals auch liebevoll formuliertem Schreibstil. Und alleine das macht das Buch durchaus lesenswert. Wer eine sensationelle, actionreiche Story zu lesen wünscht, greift aber besser zu einem anderen Werk oder einem anderen Autor.
Dean Koontz
»Die Anbetung«
Originaltitel: »Odd Thomas«
Heyne Verlag, Februar 2006
Hardcover
479 Seiten
19,90 €
© Text: Nicole Rensmann
© Cover: Heyne Verlag