Wir haben nur einen kleinen Garten hinter dem Haus mitten in der Stadt. Das reicht für uns. Die Hunde können raus und in der Sonne liegen, sie dürfen in der Erde buddeln und die Wiese zerscharren. Angelegt haben wir das Gärtchen schon während unseres Einzugs vor dreizehn Jahren. Der Garten gehört uns nicht allein, aber er wird nur von uns genutzt, bepflanzt, gepflegt. Manche Pflanzen waren Ableger aus den elterlichen Gärten, andere haben wir neu gekauft. Gern hätte ich noch mehr im Laufe der Jahre gepflanzt, aber so ein Garten kostet auch Geld. Mein großer Wunsch: Eine Kräuterspirale. Aber die muss noch ein bisschen warten.
Es ist viel gewachsen, manches gestorben und anderes neu gesprossen. Dieses Gärtchen ist stellenweise etwas unordentlich. Es liegen Hundehaare auf der Wiese, Äste und ein paar Blätter unter der Hecke. Hier und da sprießt auch ein bisschen Unkraut. Nicht alles wächst gut, denn der Garten wird von einem Hain geschützt. Fünf große alte Bäume stehen ringsherum und saugen Nährstoffe aus der Erde. Manche Blumen wollen hier nicht gedeihen. Das macht aber nichts. Und viele Menschen würden diesen Garten vielleicht als unaufgeräumt bezeichnen. Wir mögen ihn, weil die Tiere ihn mögen. Nicht nur unsere Hunde. Jedes Jahr ziehen neue Wildtiere ein.
Vor einigen Jahren besuchte uns eine spezielle Bienenart, die nur als Einzelgänger auftrat. An sonnigen Tagen kam diese fleißige Biene und schabte am Bambus. Auch Erdhummeln fühlten sich hier schon einmal wohl. Dieses Zusammenleben gestaltete sich allerdings nicht als sehr angenehm. Denn aufgrund der Enge fühlte sich die Hummel-Crew von uns bedroht, doch wir mussten zwangsläufig an ihrem Nest vorbei gehen. Was geschah? Einzelne Personen wurden gestochen. Dem nicht genug. Als wir zu mehreren im Garten verweilten, griffen die Hummeln an. Sie schwärmten aus. Was lustig und wie aus einem Biene-Maja-Film klingt, war für uns alles andere als schön. Wir liefen ins Haus, ein AHHH und Shit war sicherlich nicht nur einmal dabei. Tür zu, Fenster zu. In dem Jahr fiel der Sommer für uns etwas kürzer aus.
Dieses Jahr wohnte in den Bäumen drumherum ein Eichhörnchen. Unter unserer Treppe suchte eine Weile eine Katze aus der Nachbarschaft Schutz. Sie musste jedoch einem Mäuschen weichen. In einem Teil der Hecke hat sich dieses Jahr eine Amsel ein Nest gebaut. Leider haben die Elstern das Nest heute geräubert. Und wer glaubt heimische Wildvögel hätten keine Gefühle, der hat die Amselmama nicht gesehen, nachdem die Elstern sie überfallen hatten. Das zerzauste Gefieder vom Kampf, Federn auf dem Boden. Der Schnabel zu einem stummen Schrei geöffnet. Die Augen groß und ängstlich, sah sie mich an. Und ich hab erst später verstanden warum.
Das ist Natur. Schön und grausam zugleich.
Hier flattern Schmetterlinge und Libellen um die Wette. Tauben, Spätzchen, Amseln, Elstern, Raben, Meisen und auch schon mal ein Eichelhäher sind bei uns zu Gast.
Und das alles in einem knapp sechzig Quadratmeter großen oder kleinen – je nach Betrachtungsweise – Garten mitten in der Stadt.
Ich stehe gerne am Fenster und beobachte die Meisen, wenn sie Haare oder Äste aufpicken für ihre Nester. Dann weiß ich: Ein aufgeräumter Garten würde dieser Meise und seiner Familie kein weiches Nest schenken.
Als Dankeschön singen sie ihre Lieder – jeden Tag.