Sehr sehr sehr viel Arbeit zurzeit. Damit hier im Blog wenigstens ein neuer Eintrag steht, kopiere ich das Thema aus der letzten Schreibworkshop-Stunde hier hinein. Viel Spaß beim Lesen.
Ein Charakter – das Wesen eines Menschen – kann gut oder schlecht sein.
Der Charakter – das Lebewesen – ist auch die Figur deiner Geschichte oder deines Romans.
Der Charakter ist das Kernstück, das wichtigste Detail. Ohne den Charakter – den Protagonisten – ist deine Geschichte nichts weiter als eine Sacherzählung. Möglicherweise spannend, aber ohne Leben.
Auch ein Tier oder eine als lebend und denkend dargestellte Muschel, ein sprechender Stein oder ein Außerirdischer ist ein Charakter. Es muss nicht immer ein Mensch sein.
Er, sie oder es sollte zur Erkennung einen Namen erhalten.
Natürlich gibt es Romane und Kurzgeschichten, in denen die Hauptperson namenlos bleibt, meist aufgrund der Erzählerposition.
Wir gehen von einem Charakter aus, der auf den Namen Walter hört.
Walter. Wer oder was ist das?
Am Namen kann ich nicht erkennen, wie alt Walter ist. Ich weiß auch nicht, ob Walter ein Mensch, Tier, Oger, Hexer oder sonst ein Fabelwesen darstellt. Vielleicht ist Walter sogar eine Frau?
Ein Name allein reicht nicht, um einem Charakter Leben einzuhauchen.
Unser Walter ist … ja, was eigentlich? … ein Hund.
Was braucht ein Charakter noch?
Das Aussehen.
Zumindest grob dargestellt ist es für den Leser schön zu wissen, wie unser Walter aussieht. Ein bisschen darf der Leser auch seine eigene Fantasie spielen lassen. Bei einem Hund kannst du die Rasse angeben, aber das wäre viel zu einfach.
Walter ist ein Mischling.
Größe? Sinnvoll ist ein Vergleich. Walter ist so groß wie ein Pudel oder ein Schäferhund – das sind bekannte Rassen. Ungünstig ist eine seltene Hunderasse zu verwenden, dann müssten weitere Erklärungen folgen, die den Leser schnell langweilen können. Es sei denn, du schreibst ein Hundebuch, aber selbst dann kann eine Abhandlung über die Züchtung einer seltenen ägyptisch-chinesischen Kreuzmischung den Leser zum Zuklappen animieren. Das ist nicht das Ziel eines Autors.
Zurück zu Walters Größe.
Der Mischlingshund Walter kann dir bis zur Hüfte reichen, dann musst du erklären, wie groß du bist. Lassen wir die Hüfte raus – und dich auch.
Walter ist so groß, dass er seine Schnauze auf den Küchentisch legt, wenn meine Mutter das Abendessen zubereitet.
Walter muss demnach eine Mischung aus Hund und Kamel sein.
Seine Größe ist ein sehr markantes Merkmal. Denn jeder in der Umgebung wird diesen großen Hund kennen. Außerdem wissen wir jetzt, dass Walter bettelt.
Was ist noch wichtig, um zu wissen, wie Walter aussieht?
Farbe: schwarz
Besonderheit: Eine weiße Pfote und ein weißes Schlappohr.
Walter ist ein sehr großer schwarzer Hund mit weißer Pfote und weißem Schlappohr.
Äußerlich ist er ein starker Charakter, denn er hat viele Merkmale.
Er könnte auf drei Beinen gehen – die Geschichte dazu, wie er ein Bein verloren hat, muss dann erzählt werden. Vielleicht fehlt ihm ein Stück Fell, der Schwanz ist zu kurz oder zu lang.
Oder wir lassen es erst einmal so, Walter soll ja keine Missgeburt sein und auch nicht zu sehr vom Schicksal gebeutelt werden.
Ist Walter freundlich? Bellt er viel? Ist er bissig, bösartig, stinkt er aus dem Maul?
Unser Walter ist freundlich, er bellt nie und beißt auch nicht, ihm fehlen vorne zwei Zähne, er pupst oft, darum muss er draußen in seiner Hundehütte schlafen – allein. In den Nächten streift er durch die Straßen … und wird eines Tages zum Helden.
Nun hat Walter ein Leben, ausbaufähig und mit allen Möglichkeiten, über die so ein großer, freundlicher Hund, der nachts alleine ist, verfügen kann und aus denen du – der Autor – Walters Abenteuer erzählen könntest.
Ein erfundener Charakter braucht alles, was auch ein realer Mensch hat: Namen, Aussehen, Besonderheiten und Merkmale, ein Ziel, Erfahrung, Entwicklung, Veränderung, starke Eigenschaften, Gefühle – ein Leben – mit allen Höhen, Tiefen und Farben.