Seit einigen Monaten liegt der 2001-er Fumé blanc im Kühlschrank zur Testverkostung. Vorher habe ich die Flasche jedoch aus dem Keller meiner Eltern gefischt – eine der letzten alten Schätzchen, die dort lagerten.
Obwohl ich ahnte, dass ich an diesem Wein keine Freude haben würde, öffnete ich den 16 Jahre alten Sauvignon blanc.
Die Kapsel klebte, der Korken schien fest. Die Füllhöhe war okay. Möglicherweise stammen die Verschmutzungen auf dem Etikett von einem anderen Wein.
Der Château de Tracy Pouilly Fumé 2001 stammt aus dem nördlichen Loiretal in Frankreich. Das Anbaugebiet Pouilly Fumé ist bekannt für frische und fruchtige Sauvignon blancs, doch die Weißweine sollten jung getrunken werden. 16 Jahre, das klingt in diesem Fall nach Oma Niveau.
Das Weingut
Die Geschichte
Die Familie des Châteaus de Tracy pflegt seit dem 14. Jahrhundert eine tief verwurzelte Liebe zum Loiretal. Urkundlich belegt ist der Kauf des Weinplateaus Les Champs de Crix im Jahre 1396. Damit begann die Ära des Châteaus de Tracy, die bis heute anhält, trotz zahlreicher Tiefschläge. Neben den üblichen Wetterkapriolen und Kriegen, die der Weinberg über die Jahrhunderte hinweg überstehen musste, gehörte auch das Château de Tracy zu den Weingütern, dessen Rebstöcke Mitte des 19. Jahrhunderts von der Reblaus befallen wurden.
Erst nachdem die Rebstöcke mit reblausresistenten Wurzelstöcken vermählt wurden, konnte sich das Château de Tracy wiederbeleben und auf den Ausbau konzentrieren.
Heute wird die Familientradition von Juliette d’Assay geführt, der Tochter von Comte und Comtesse Alain d’Estutt d’Assay.
Eins wird klar: Das Château de Tracy ist ein Familienunternehmen mit über 800 Jahren Erfahrung im Weinbau. Das zeigt sich auch in den Sauvignon blancs.
Das Terroir – Weinberg, Boden, Sonne und Erfahrung
Zum Champs de Crix erwarb die Familie später den Tracy-Hill.
33 Hektar gehören heute zum Weingut Château de Tracy in der Appellation Pouilly Fumé. Während die Wurzeln der Rebstöcke des Champs de Crix in kalkhaltigem Boden wurzeln, ziehen die Trauben auf dem Weinberg Tracy-Hill ihre Nährstoffe aus dem mit Feuerstein (auch Silex) versetzten Boden.
Diesem Boden hat die Appellation Pouilly Fumé ihren Namen zu verdanken. Fumé bedeutet Rauch, denn Feuerstein entzündet sich bei Reibung. Diese außergewöhnliche Bodenbeschaffenheit verleiht den Weinen eine würzige und kräftig rauchige Note, die Kenner an einem Sauvignon blanc der Appellation Pouilly Fumé schätzen.
Die Weine des Châteaus de Tracy
Vier verschiedene Weine aus der Sauvignon-Traube produziert die Familie heute auf dem Château de Tracy.
Der Château de Tracy ist ein reiner Sauvignon blanc und dennoch eine Cuvée. Die Trauben stammen von 28 Jahre alten Rebstöcken, sowohl vom Champs de Crix, als auch vom Tracy-Hill.
Auch Mademoiselle de T, Haute Densité und 101 Rangs sind Cuvées mit sortengleichen Trauben von unterschiedlichen Orten. Diese außergewöhnliche Kombination macht die Weine des Châteaus de Tracy aus.
Über zahlreiche Auszeichnungen und Benennungen in internationalen Magazinen durfte sich die Familie bereits freuen. Obwohl die Weine des Châteaus de Tracy heute weltweit bekannt sind, bleiben sie eine Rarität, die in Deutschland nur bei ausgewählten Händlern erhältlich ist.
Château de Tracy Pouilly Fumé 2001
Der 2015-er Jahrgang des Weins, der den Namen seines Weingutes trägt, bietet der Nase die typischen Düfte von Zitrusfrüchten wie Grapefruit, Blutorange und Zitronen – frisch und saftig, so heißt es auf der Webseite des Weinguts.
Die 16 Jahre alte Ausgabe kann da nicht mithalten.
Der Wein ist klar und zeigt sich in schimmerndem Gold. Doch die äußere Schönheit trügt.
Bevor ich das Glas das erste Mal schwenke, stecke ich meine Nase vorsichtig hinein. Leichte Frucht und ein Hauch von Firn. Das Schwenken gibt dem Wein mehr Luft und sorgt dafür, dass sich die Aromen weiter entfalten.
Das geschieht auch bei dem alten Sauvignon blanc. Leider empfinde ich den Geruch nicht angenehm: Muffig, alt und abgestanden. Und da ist er: Der Geruch nach Katzenpisse, der häufig mit Sauvignon blanc in Verbindung gebracht wird. Ich finde alle Aromen, die aus dem Glas strömen, unangenehm. Und umso länger der Wein steht, desto schlimmer werden die Gerüche.
Es widerstrebt mir einen Schluck zu probieren, doch ich bin tapfer.
Ein guter Schluck Wein sollte es sein, der bleibt im Mund, bis Gaumen und Zunge gekostet haben. Dann muss ich würgen und spucke den Wein wieder aus.
Zusammenfassung
Farbe: klar, gold
In der Nase: leichte Unternote von Firn, künstlich fruchtig, alt, abgestanden, nach Urin
Am Gaumen: muffig, alt, Urin
Fazit
Erst nachdem ich den Wein verkostet hatte, habe ich über das Weingut recherchiert. Und ich bin traurig, dass diese Flasche vergessen im Keller lag, und die Arbeit des Winzers somit nicht zum richtigen Zeitpunkt honoriert wurde.
Darum meine Bitte: Ein Sauvignon blanc sollte nicht 16 Jahre lang im Keller rumliegen, sondern getrunken werden – zeitnah! Prost!
Im Web / Quellen
- Die Webseite des Chateaus de Tracy
- Information über Pouilly-Fumé
- „Angriff der Killerlaus“, Artikel Tagesspiegel.de
- Chateau de Tracy bei Gourmondo kaufen oder bei vinatis.de, bei wein.cc