[Bitte lesen Sie auch den aktuellen Artikel zum Thema Red nicht – tu’s doch! vom 25.11.2013]
Heute erhielt ich eine E-Mail und gehörte somit zu den ersten 180 Auserwählten. Ich fühle mich fast ein bisschen geehrt. Auserwählt hat mich der Droemer Knaur Verlag mein kürzlich bei Ihnen eingesandtes Manuskript bei dem vom Verlag neuen Manuskriptprüfverfahren anzumelden: NEOBOOKS. – Aktuell noch in der Betaversion für ausgesuchte Autoren und Rezensenten verfügbar.
Nur wer über NEOBOOKS sein Manuskript bereits der Öffentlichkeit präsentiert und zahlreiche Empfehlungen der Leser – also von den Usern, Fans, Freunden, Eltern, von Ehemann, Ehefrau, den Geschmierten und Verführten etc. – erhält und am Stichtag unter den Top 10 landet, bekommt ein Plätzchen auf dem Schreibtisch eines Lektors.
Früher bekam ich nach einer Absage öfters Verlagsprospekte, was ich mit Ärger, Frust und Erheiterung zur Kenntnis nahm. Auf ein Manuskriptprüfverfahren, das mich an ein Casting á la DSDS, Popstars & Co. erinnert, wurde ich noch nicht aufmerksam gemacht. Ich fürchte, es ist auch das erste seiner Art. Das Konzept hinter neobooks.com klingt wie eine verlagsabhängige romansuche.de mit oder ohne Hilfestütze – das habe ich noch nicht konkret erfahren.
Ich bin skeptisch.
Jeder weiß, dass alle Schreibende über Neider, Exanhänger und Hasser verfügen, die in mal lausigen, mal wohlformulierten Worten mitteilen, wie Scheiße sie Text und Autor finden. Und wie oft wurde schon bei Publikumsentscheidungen manipuliert?
Ich bin aber auch neugierig, ob Droemer Knaur hierfür eine Lösung parat hält.
Meine Skepsis bewegt sich jedoch noch weiter und findet bei den AGBs Bestätigung. Möchte ich mein Werk veröffentlichen, muss ich diese zunächst bestätigen. Das ist – wer im Internet unterwegs ist, weiß das – ein normales Prozedere. Und ich gebe zu, meistens bestätige ich die AGBs nur. Hier geht es aber um MEIN Werk, also scrolle ich zumindest einmal durch und stoße sehr schnell auf ein Bündnis, das mir fragwürdig erscheint.
Zitate aus den AGBs:
2.4 Nutzer können einmal eingestellte Beiträge nicht mehr löschen. Sie können sich jedoch an i-lab wenden und um Löschung bitten. Die Löschung des Beitrags steht im Ermessen von i-lab; der Nutzer hat keinen Anspruch auf Löschung, auch nicht bei Kündigung seiner Registrierung.
Die Möglichkeit bei einem anderen Verlag unterzukommen erscheint mir nach diesem Passus schwierig.
3. Rechtseinräumung
3.1 Mit der Einstellung von Beiträgen räumen die Nutzer i-lab an den Beiträgen unwiderruflich die nicht-ausschließlichen, weltweiten und inhaltlich unbegrenzten Nutzungsrechte zur Veröffentlichung und Verbreitung des Beitrags im Internet ein, insbesondere das Bearbeitungsrecht, das Datenbank- und Archivierungsrecht, das Vervielfältigungsrecht, das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (auch zur Nutzung auf mobilen Endgeräten wie Handys, iPod, iPad etc.) sowie das Recht zur Sendung (jeweils zur Selbstnutzung und Lizenzvergabe an Dritte); die Rechtseinräumung gilt über das Nutzungsverhältnis hinaus, mit Ausnahme der Inhalte des Profils.
Das ist eine sehr umfangreiche Rechtseinräumung für ein nicht mal veröffentlichtes Werk.
Klicke ich weiter, komme ich jedoch zu den Leistungen der Seite, darin heißt es dann doch:
2.5 Der Nutzer ist jederzeit berechtigt, eingestellte Werke von der Website entfernen und/oder die festgelegten Preise zu ändern. Ausnahme sind Werke, die zum Verkauf stehen oder standen und mindestens einmal verkauft wurden. In diesem Fall verhindert der Nutzer durch das Löschen des Werks einen weiteren Verkauf; das Werk verweilt aber dennoch auf dem System um dem Käufer einen weiteren Zugriff darauf über seine Bibliothek zu gewähren.
Ich möchte nicht näher auf alle Paragraphen eingehen, weise aber daraufhin, dass es sich bei der AGB um keine gewöhnliche AGB handelt, sondern um einen stichfesten Vertrag, den sich mancher Autor vom Agenten oder Anwalt absichern lassen würde.
Das Bündnis erscheint mir zu eng, Freiraum zum Bewerben, auch bei anderen Verlagen, benötige ich jedoch, um atmen zu können. Dennoch begrüße ich innovative Ideen. Und ich denke, dass Droemer Knaur nicht der letzte Verlag sein dürfte, der mithilfe dieses Prüfverfahrens zukünftige Romane auswählt. Denn die Verlage können hier Lektoren sparen und der Manuskriptflut entgegen wirken. Der Autor muss sich jedoch einem (noch) nicht ausgereiften Vorauswahlverfahren stellen, bindet sich online an einen Verlag ohne reelle Veröffentlichungschance und muss den allgemeinen Ideenklau fürchten.
Ich bin weiterhin skeptisch. Fast noch ein bisschen mehr als zuvor und werde Neobooks.com erst einmal mit etwas Abstand betrachten. Ohja, ich möchte meine „Werke“ veröffentlichen. Natürlich. Aber nicht um jeden Preis und verheizen will ich sie auch nicht.
Trotzdem Danke für die freundliche Einladung. Vielleicht komme ich später darauf zurück.
© Zitate, Ausschnitte der AGBs: www.neobooks.com
30.07.2010 – Nachtrag zum Artikel:
Auf der Webseite von Neobooks gibt es einen Feedbackbutton, den ich in Anspruch nahm, denn ich finde immer: „Meckern kann jeder“, aber seine Bedenken der richtigen Stelle mitteilen, kann beide Seiten wachsen lassen. Und so erhielt ich auch heute morgen eine E-Mail der zuständigen Managerin als Reaktion auf diesen Artikel. Sie war keineswegs verärgert, sondern sehr freundlich und nahm mir zunächst meine Skepsis. U.a. schreibt sie: „Da sich unsere Seite noch in der Betaphase befindet, wird wir noch an einigen Stellen kräftig gebaut und entwickelt. Damit uns unsere Autoren nicht mit Skepsis begegnen müssen, wollen wir eine offene Plattform sein, die auch offen mit Fragen umgeht und faire Verhältnisse für die Autoren schafft. Denn wir wollen letztlich eine Akquise-Plattform für Droemer Knaur und Autoren- und Leser-Community schaffen, in der sich (angehende) Autoren aufgehoben fühlen.“ Zumindest hat Neobooks somit erst mal eine Chance von meiner Seite verdient und ich werde, wie auch vorher schon geschrieben, die Entwicklung der Plattform mit Interesse beobachten.