Leseprobe »Acht Minuten Leben« in der Anthologie »Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende«

Letzte Woche erhielt ich meine Autorenbelege und ich war mächtig überrascht, als ich die Bücher aus dem Umschlag zog.
Die Anthologie ist sehr hochwertig verarbeitet. Tolles, glänzendes Cover, innen Glanzdruck, was die farbigen Grafiken zu den Geschichten brillant darstellt. Vorwort, Nachwort, Vorstellung von Autoren und Grafiken und, nicht zu vergessen, das Lesebändchen. Das Buch wiegt laut meiner Küchenwaage satte 1050 g! Das ist stark!

Wer das Buch bestellen will, bekommt bis 30.09.2020 noch einen Rabatt von 4,- beim Verlag. Danach kostet der Band 32 €. Das ist eine Menge Knete, aber die Anthologie »Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende« ist keine gewöhnliche Zusammenstellung, sondern eine außergewöhnliche Sammlung von Geschichten deutscher Autori*innen und dazu exklusiv angefertigte Grafiken. Ein bibliophiles Werk für Sammler.
Aber nun genug der Werbung. Zeit ein bisschen reinzuschnuppern.

Leseprobe meiner Geschichte »Acht Minuten Leben«

Bine kam acht Minuten zu spät nach Hause, sie schloss die Haustür auf und erwartete ihren Vater im Flur stehen zu sehen, der auf seine Armbanduhr klopfen und ihr eine Standpauke zum Thema Disziplin halten würde. Das Licht brannte, im Hintergrund hörte sie den Fernseher laufen. Ihr Vater wartete nicht. Sie atmete durch und strich sich über die Haare. Sabine, die alle Bine nannten, war im Stones gewesen, hatte dort ein paar Bier getrunken, Poker gespielt und mit ihrem Freund geknutscht. Fünf Monate war sie mit Michael zusammen – ihre erste große Liebe. Er war achtzehn, ein Jahr älter als sie. Nur ihre Freunde wussten davon. Und das sollte auch so bleiben.

Sie ging ins Wohnzimmer. »‘n Abend!«, nuschelte Bine, erhielt aber keine Antwort. Ihre Eltern starrten auf den Fernseher und beachteten Bine nicht. Sie setzte sich auf den Hocker, der schräg gegenüber dem Fernseher stand und den Bruno, der kleine Mischlingsrüde, zur Hälfte einnahm. Er schnarchte leise.

Die Tagesschau zeigte Szenen aus einem Krankenhaus, in dem die Flure von übereinandergestapelten Leichensäcken versperrt waren. Ortswechsel. Menschen rannten über eine Straße. Sie trugen Masken, manche stolperten, stürzten zu Boden, wurden überrannt und blieben unbeachtet liegen. Oben rechts in der Ecke zeigte das Datum den 24.12.1981 – das war knapp acht Wochen her.
Hatte sich der Kalte Krieg in einen heißen Krieg verwandelt? Bine lief es eiskalt über den Rücken.

Sie nahm Bruno auf den Schoß und drückte ihn an sich.

Dagmar Berghoff erschien auf dem Bildschirm. Die Tagesschausprecherin erklärte mit ernstem Gesicht und in ruhigem Ton, die Aufnahmen stammten aus China und lägen der deutschen Regierung seit vier Wochen vor. Heute hätten sich die Parteien darauf verständigt, an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Menschen seien an einer unbekannten Krankheit gestorben, deren Symptome einer starken Grippe ähnelten, jedoch häufiger und deutlich schneller zum Tod führte. Nach Informationen der Tagesschau hatte das Robert-Koch-Institut das Bundesgesundheitsamt vor drei Wochen darüber aufgeklärt, dass diese Krankheit auch in Deutschland aufgetreten sei und sich rasant verbreite.
Die Regierung bitte darum, zu Hause zu bleiben, alle Fenster und Türen geschlossen zu halten, bis weitere Informationen bekannt gegeben würden. Es sei möglich, dass es sich um eine Bio-Waffe handele, habe der Sprecher in einer kurzen Erklärung mitgeteilt.

»Wir werden Sie rund um die Uhr informieren«, sagte Dagmar Berghoff.

»Das gilt aber nur für morgen? Wir müssen jetzt nicht wochenlang zu Hause bleiben, oder?«, fragte Bine.

Wie gewohnt reagierte ihr Vater unwirsch: »Hör doch zu! Du bleibst zu Hause, bis wir wissen, um was es sich handelt. Steck deine Nase in die Schulbücher und hilf deiner Mutter im Haushalt.«

Alles klar, dachte Bine, setzte Bruno auf den Sessel zurück und ging in ihr Zimmer. Sie hasste ihren Vater, ihre Mutter. Immer ging es nur um die Schule, pünktlich zu Hause zu sein, den Müll rauszubringen oder den Tisch zu decken. Nie erkundigten sie sich nach ihr, fragten, wie es ihr ging, ob sie einen schönen Abend gehabt hätte oder was ihre Freunde machten.

In ihrem Zimmer schaltete sie das Radio an. Dort sprach der Moderator von einem unsichtbaren Feind, der sich von hinten an die Menschen heranschlich und zu Fall brachte. Niemand wisse, wo der Ursprung der Krankheit läge.

Sie hockte sich auf die Bettkante und starrte auf die blinkenden Anzeigen ihrer Stereoanlage.

Der Radiosprecher interviewte einen Politikwissenschaftler und fragte ihn, ob er sich vorstellen könne, dass ein anderes Land versuche, die diplomatische Beziehung zwischen China und Deutschland auf diese Art zu unterbinden. Der Mann antwortete: »Seit dem 11. Oktober 1972 stehen China und Deutschland in einer diplomatischen Beziehung. Kein Land hätte einen Vorteil von der Zerstörung dieses Bündnisses. Beide Länder sind betroffen, eine Zerrüttung, ein Misstrauen entstünde erst, wenn eins der Länder unbeschadet bliebe. Das ist hier nicht der Fall.«

»Damit hätte sich die Theorie einer biologischen Waffe aus Ihrer Sicht widerlegt?«, fragte der Moderator und wartete nicht auf die Antwort. »Moment. Ich höre«, er klang aufgeregt, »dass auch in anderen Ländern eine Vielzahl an Menschen gestorben sein sollen, die ähnliche Symptome zeigten. Wir spielen kurz Musik und ordnen die neuen Informationen ein.«

Phil Collins sang In the Air tonight.
Bine fror, sie drehte die Heizung höher.

Nach dem Song gab es eine weitere Mitteilung, in der es hieß, die Staatsoberhäupter weltweit äußerten sich momentan nicht zu den tatsächlichen Zuständen der Bürger. Die Gefahr sei allen bewusst, keiner wisse, um welche Art von Gegner es sich handelte. …

Wenn du wissen willst, wie es weitergeht, ob Bine ihren Freund jemals wieder sieht, welche Auswirkung diese Gefahr auf die Welt hat und ob es einen Ausweg gibt… die komplette Story in »Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende«.

Fragen zu meiner Story, beantworte ich gerne auf Facebook oder Twitter. Wir lesen uns dort!

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