Das Schwerste im Alltag eines Tierhalters ist, zwischen Tod und Leben zu entscheiden. So oft schon haben wir entscheiden müssen – der Tod siegte am Ende immer. Doch niemals zuvor ist uns die Entscheidung so schwer gefallen. Wir haben geredet, abgewägt, gerätselt. Wir haben uns informiert, gelesen, mit Anderen gesprochen und am Ende entschieden, tapfer zu sein.
John Boy (*08.11.2009 – † 06.09.2018)
Du kamst in einer sehr schweren Zeit zu uns und wurdest die achte Katze in unserem Vierbeiner-Haushalt. Mit den Hunden waren es nun zehn. Passte!
Niemand wollte dich haben, weil dein Schwanz einen Knick hatte. Uns war das egal. Du warst das wuscheligste kleine Katzenwesen, das ich je gesehen hatte. Du wurdest groß, mächtig groß, aber wuschelig bist du bis zum Schluss geblieben. Dein Fell war eine Katastrophe, immer filzig und strohig. Kämmen fandest du doof, obwohl wir dich von klein auf, daran zu gewöhnen versuchten. Nicht mit dir. Also mussten wir dich regelmäßig scheren – auch nicht gut. Dein Spitzname war Wuschel. Aber das war dir egal, denn du hast nie auf deinen Namen gehört, sondern nur auf ein Schnalzer mit der Zunge. Eigentlich fandest du uns uninteressant. Nur die Tiere waren deine Freunde.
Poncik starb, Sugar ging viel zu früh. Lilly und Spike verließen uns erst im letzten Jahr. Die Katzenbande wird kleiner.
Mit einem Mal fandest du auch Interesse an uns. Sobald wir uns in deiner Nähe hinsetzten, hast du dich mit deinem massigen Körper auf uns gelegt, bevorzugt auf die Beine, damit wir nicht aufstehen konnten.
Ben mochtest du besonders gern. Wenn er aß, hast du daneben gesessen und gewartet, bis er fertig war, damit er die Hände frei hatte, denn dann konnte er dich streicheln. Als einmal das Herrchen auf Bens Stuhl saß, warst du völlig verwirrt, bist auf den Tisch gesprungen, hast den „Fremden“ begutachtet, bist wieder zurück gesprungen und hast dich mit dem Rücken zu ihm hingesetzt. Dass du nicht mit dem Kopf geschüttelt hast, war alles.
Auch Nero hast du sehr gemocht und sie in Beschlag genommen, wenn sie zu Besuch war.
Noch mehr als die Katzen und die Kinder hast du Lola geliebt. Von Anfang an hast du sie als deine Ziehmutter betrachtet. Lola war dein großes Vorbild, deine Mama, deine beste Freundin. Du hast mit ihr geschmust, ihr die Ohren geleckt und sie jeden Morgen begrüßt. Du wirst ihr fehlen.
Dein Markenzeichen war die Pfote. Egal wo und wie du lagst, eine deiner Vorderpfoten hast du ausgestreckt, als gehöre sie nicht zu dir. Erst zum Ende hin, lagst du zusammengerollt auf deinen Lieblingsplätzen und im Ehebett. Besonders da, zwischen den Kissen. Alle Katzen, die krank sind, legen sich dort hin. Das ist euer geheimes Signal an uns: Ich brauche Hilfe! Es ging so schnell. Ein Tumor, der eine Anämie auslöste.
Du warst der Jüngste von all unseren Tieren, noch keine neun. Minou ist doppelt so alt, sie lebt. Und sie war bei dir, die ganze Zeit. Sie hat sich zu dir gekuschelt, an deinem letzten Tag und als du deinen letzten Atemzug gemacht hast, hat sie sich neben dich, auf die Decke gelegt und über dich gewacht. Unsere Oma, eine Weise. Wir waren alle da, bei dir, bis zum Schluss.
Doch nun bist du nicht mehr da.
Wir haben dich gehen lassen, um dir Leid zu ersparen. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Du wirst uns fehlen, Wuschel.
Gute Nacht, John Boy!