Dass ich »Regenbogenläufer – 15 Geschichten für Groß & Klein« – der eigentliche Anlass der Premierenlesung – nicht in Form und Farbe präsentieren würde können, damit hatte ich mich schon abgefunden. Aber ich war nicht darauf vorbereitet, dass es in ähnlicher Art weitergehen würde.
Ich hatte vor drei Wochen mit den Vorbereitungen begonnen. Denn mir reicht es nicht, mich nur hinzusetzen und ein paar Textstellen aus dem Buch zu lesen, ich möchte mein Publikum mit einem kleinen Programm unterhalten. Natürlich bin ich kein Entertainer, kein Comedian, kein Schauspieler, aber ich versuche mein Bestes. Stammlesungsbesucher wissen das.
Aus unterschiedlichen Gründen entschied ich mich diesmal gegen einen Pianisten und einen Gitarristen und auch gegen einen Zauberer. Ich dachte mir: Machste das eben alles mal selbst.
Also überlegte ich, entwarf, suchte, dachte nach, übte, fand und übte weiter.
Im Rotationascafé las ich vor zwei Jahren aus »Firnis«. Ich wählte das Café erneut, weil der Inhaber fragte, ob ich nicht noch mal dort lesen wollte und weil die Atmosphäre sehr schön war. Weil das Theater damals vom Hochwasser zerstört wurde, bat ich um Spenden für das Theater und verzichtete auf Honorar und Eintritt.
Wenn der Veranstaltungsort seine Meinung am Tag der Lesung ändert
Wir – meine Familie und ich (ohne Hunde und Katzen) – erschienen eine Stunde vorab, damit ausreichend Zeit blieb, um den Beamer aufzubauen, das Klavier auszutesten, hier und dort Lesezeichen zu verteilen etc.
Doch kaum betraten wir das Café, erfuhren wir, dass es heute eigentlich sehr ungünstig sei.
Was sollte ich darauf sagen? Ich schwieg zunächst. Es kämen gleich Kaffeegäste, die wollten natürlich keiner Lesung folgen. Wir müssten noch warten.
»Ähem« dachte ich im ersten Moment. Mehr ging mir da vor Schreck nicht im Kopf herum.
Eventuell könnten wir noch ins Theater ausweichen oder die Lesung nach hinten verschieben.
Ich fragte, wie weit denn nach hinten. »Eine Stunde!« Mir klappte die Kinnlade runter und ich widersprach, denn ich wusste, dass Gäste aus Hagen, Essen und Köln kommen wollten. Die fuhren nicht so lange, um erst mal eine Stunde zu warten. Wir setzten uns und ich grummelte ein bisschen vor mich hin, weil ich mir selten so unwillkommen vorkam. Ich betonte, dass wir vielleicht besser ins Theater gehen würden. Wir sollten aber auf die Chefin warten. Klar, Frauen haben die Planung. Zu meinem Mann sagte ich: »Dann warten wir bis zehn nach vier, sammeln die Leute ein, verteilen sie auf Autos und machen eine Wohnzimmer-Lesung bei uns zu Hause!«
Dann kam Rici @herzgedanke mit Mann und ich freute mich erst mal sehr, sie zu sehen. (Leider haben wir das gemeinsame Foto vergessen, das ich fest für mich eingeplant hatte. Das müssen wir nachholen.)
Kurz danach eilte die Chefin auf uns zu und ich sagte schnell, dass eine Terminverschiebung nach hinten nicht möglich wäre, also zogen wir samt Kisten, Rici und Mann ins Theater um.
Dort war natürlich nichts vorbereitet. Stühle mussten weggeschafft und umgestellt werden.
Ein Problem kommt selten allein
Es gab keine hellen Wände, sondern schwarze Gardinen – für eine Beamershow eher ungeeignet. Eine Leinwand hatten wir natürlich nicht mit – es war ja anders geplant. Wir wählten den einzigen hellen Fleck im Raum – ein Einbauschrank aus hellem Balsaholz. Dummerweise streikte der Beamer und stürzte ständig ab. Das hatte er natürlich zuhause nie gemacht. Gut, mein Mann kümmerte sich darum. Wir schoben Tische hier und Stühle da. Ich schob das Klavier in die Mitte der Bühne, wählte aber zusätzlich einen Platz unten im Zuschauerraum, um dem Publikum näher zu sein.
Die Gäste trafen ein, das freute mich, denn letztendlich hat die Presse gewusst, dass die Lesung stattfinden würde – Fotografen von beiden regionalen Zeitungen kamen (Vielen Dank, dass Sie da waren! Das meine ich ernst!) – dem Anschein nach, gab es aber nur in einer der Zeitungen einen Zweizeiler zur Lesung. Bei den vielen Veranstaltungen ist es schwierig einen Platz in der Tagespresse zu ergattern.
Aber ich hatte übers Internet in allen entsprechenden Portalen die Lesung bekannt gemacht und meine Verfolger auf Twitter waren auch nicht untätig. Danke für die vielen RTs und Hinweise in dem Zusammenhang. Das finde ich jedes Mal wieder klasse.
Nun, die Technik versagte um vier Uhr immer noch, sodass wir erst zehn Minuten später anfingen.
Rund 30 Zuschauer nahmen an der Lesung teil. Darunter nur zwei, sehr kleine Kinder. Ich hatte mir für die zweite Geschichte vorbehalten, eine zu lesen, die nicht im Buch enthalten ist, sofern keine Kinder kommen würden. Bei einem Buch mit Geschichten für Groß und Klein ist das vorab nie abzusehen. »Der Krammetsvogel« ist jedoch nicht für kleine Kinder geeignet und so fragte ich die Eltern, ob es ihnen recht wäre, wenn ich die Geschichte lesen würde, da es darin um einen Mord ginge. Sie waren unsicher. Ich gab sie ihnen vorab zum Lesen und sie entschieden sich dafür.
Tatsächlich schliefen die Kinder bei der Geschichte ein.
Die Luzifee und andere Vögel
Bevor es aber soweit war, las ich »Luzifee« aus »Regenbogenläufer – 15 Geschichten für Groß & Klein«. Der Beamer funktionierte auch wieder und projizierte die entsprechenden Grafiken an den … Schrank.
Ich las »Luzifee« nicht alleine, sondern ließ den alten Mann von meinem Ehemann lesen. Die Rolle von Luzifee übernahm mein Sohn, sodass es wie ein kleines Hörspiel klang.
Es folgten die erwähnten Krammetsvögel*.
Die Geschichte ist ziemlich lang. Mein Wasserglas, das ich mir vor dem Umzug ins Theater bestellt hatte, war leer. Normalerweise nehme ich immer Wasser mit, aber ich dachte, wir säßen im Café – an der Quelle.
Dort, im Café, hätte es auch mehr Licht gegeben, doch im Theater mussten wir das Licht soweit runterdrehen, dass die Beamer-Präsentation sichtbar blieb. Ich las im Schein des Beamerlichtstrahls. Und wenn das Bild dunkler wurde, erriet ich die Buchstaben mehr, als dass ich sie las.
Die Versteigerung
Nach »Der Krammetsvogel« sollte erst einmal der 1. Twitventskranz unters Volk gehen. Doch wie das so mit Auktionen ist, das Volk zögerte. Ich gab zu den vier Kerzen noch eine Ausgabe von »Die Staubfee« dazu, ein Vorabexemplar von Gustav Meyrinks »Der Kardinal Napellus«, persönlich vorbei gebracht von Silvia Stolz-Wimbauer und Tobias Wimbauer, die Verleger des Eisenhutverlags (@wimbauer) und außerdem ein paar Gummibärchen und eine Tafel Schokolade. Es sollte einem gemütlichen November-Leseabend bei Kerzenschein und Knabbereien nichts im Wege stehen. Doch die Meute zögerte immer noch und so legte ich noch eine Ausgabe von »Regenbogenläufer« drauf.
Nun: Rici Ohligschläeger alias @herzgedanke ersteigerte das Gesamtpaket für 36,- €. Der Erlös kommt natürlich Jörg Könözsis (@koeneszi) Atelier in Rumänien zugute.
Wie viel Uhr wir zu dem Zeitpunkt hatten, weiß ich nicht, ich trug keine Uhr und hätte es unhöflich gefunden auf mein Handy zu schauen. Ich wusste nur eins: Es war der Moment, als meine Zunge am Gaumen klebte – und zwar dauerhaft.
Piano. Piano.
Ich trat auf die Bühne. Ich war überhaupt nicht mehr aufgeregt. Ich stand neben mir und zog mein Ding durch. Fertig.
»Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel« ist die längste Geschichte in »Regenbogenläufer«. Bisher hatte ich immer jemand dabei, der mich mit Klavier oder Gitarre begleitete – diesmal spielte ich selbst, wenn ich auch weit entfernt davon bin, eine Pianistin zu sein. Die Geschichte ist lustig, tragisch, traurig, dramatisch und ich vertonte einige Abschnitte mit sehr bekannten Melodien, die ich nur kurz anspielte.
Das Klavier, auf dem ich zu gerne vorab hätte spielen wollen, hatte einen völlig anderen, viel schwereren Anschlag als mein 140 Jahre altes Exponat. Nun denn … den Tannenbaum musste ich fällen, aber sonst gings besser als ich erst dachte. Das weiß ich aber auch nur, weil ich den »Homefilm« schon ansehen konnte. Nebenbei erwähnt: Mir rutschte einmal der Text vom Klavier, weil die Notenablage so rutschig war und die Noten, die ich zuhause rechts ablegte, segelte auf den Boden., als sei das Klavier zur kurz. Nun gut… die nächsten Noten warf ich dann direkt auf den Boden.
Nach dem Weihnachtsmann gab es ein kleines Appetithäppchen und ich las das erste Kapitel aus »Die Hobbijahns«, der Fantasyroman für Kinder, der nächstes Jahr erscheinen wird.
Die Lesung endete.
Hier und da gab es Gespräche, Vorbestellungen, Fragen, Lob. Natürlich aß ich noch die legendäre @Wimbauer-Donauwelle (für Twitter-Insider) und freute mich noch mal, dass Sabine Nowak (@missmarple76) mit dem Wimbauer-Ehepaar gekommen war. Dann räumten wir auf und verließen das Theater.
Die Lesung fand auf Spendenbasis statt, so wurde es mir von der Café-Leitung geraten. Es war nicht schlimm, dass nichts gespendet wurde, (absolut nicht !!) es hatte niemand darauf hingewiesen. ICH hätte das auch nicht machen können – auch das war anders geplant gewesen.
Nun… wir gingen also durchs Café mit Sack und Pack und zahlten dann noch den Kaffee, der in Thermoskannen ins Theater getragen, getrunken, aber nicht von uns bestellt worden war. Ich schmunzelte nur noch.
Ich fand die Lesung – bis auf das Drumherum – sehr gelungen. Nicht zuletzt, weil ich mich über meine Gäste freute. Gäste, die aus Hagen oder Köln kamen, um mich kennen zu lernen, wie @wimbauer, @herzgedanke, @DieRoteEllen und @missmarple76. Und Gäste, wie meine Familie und Freunde, die so gut wie immer zu meinen Lesungen kommen und mich so unterstützen.
Und ich hoffe, dass es auch euch, trotz der zahlreichen Improvisationen, gefallen hat!
Fazit
- Ich werde zukünftig immer eine Flasche Wasser mitnehmen, auch wenn ich eine Lesung im See abhalte oder unmittelbar neben einer Trinkwasser gewinnenden Quelle stehe.
- Ich besorge mir eine mobile Leinwand – Schränke sind auf Dauer keine Lösung.
- Ich bringe zukünftig Kaffee & Kuchen für alle mit.
- Ich organisiere erst dann eine Lesung, wenn die Bücher fertig gedruckt auf meinem Schreibtisch stehen.
Nebenbei war das heute meine 21. Lesung. Improvisation gehörte diesmal dazu, aber macht uns das nicht wieder einmal an Erfahrung reicher?
In diesem Sinne: DANKE, dass ihr da wart! Denn mit dieser Art von Honorierung bin ich – in diesem Fall – zufrieden.
Einen ersten Bericht gibt es auch schon:
Ricarda Ohligschläger aka @herzgedanke meint: »Hut ab daher an dieser Stelle, dass sie diese Lesung trotzdem so gestaltet hat wie sie war: amüsant, freundlich und mit einer wirklich erfrischend, herzlichen Art.« Zum Bericht.
*Die Geschichte „Der Krammetsvogel“ ist als Hörbuch, gelesen von Matthias Ubert, bei jokers.de Historica als kostenloser Download erhältlich. (Der Download beginnt sofort.