Interview mit Michaela von Aichberger (@Frauenfuss) – Exklusiv

Michaele von Aichberger»Mittlerweile bin ich süchtig …«

Interview mit Michaela von Aichberger
von Nicole Rensmann

03. September 2009

Das Interview als pdf herunterladen.

Kreativität ist nicht erlernbar, wer sie besitzt kann sich glücklich schätzen, darf die fantasiereiche Ideenvielfalt jedoch nicht verkümmern lassen und muss sie stets mit neuen Projekten füttern.
Michaela von Aichberger fördert ihre Kreativität… Tag für Tag.

In ihrem Brotjob, den sie als selbstständige Grafikdesignerin, zusammen mit dem Informatiker Halil Demirci in der gemeinsamen Firma »2byte« ausübt, gestaltet sie Websites und Präsentation für große Firmen, wie Siemens oder verschönt Kinderbücher mit ihren Illustrationen für den Tessloff-Verlag.

Weil das jedoch längst nicht reicht, um ihrer Kreativität Futter zu geben, stürzt sie sich von einem Projekt ins nächste:

Für »Typokunst« sammelt sie, gemeinsam mit ihrem Mann, dem Fotografen Michael von Aichberger, Fotografien von Buchstaben, die sie überall auf der Welt finden und zu kunstvollen Kollektionen in Form von Drucken oder Lithografien zusammenfügen. Die Werke erfreuen sich großer Beliebtheit, werden auf Ausstellungen gelobt, verkauft – oftmals auch nach Bestellung als Unikat.

Doch Michaela von Aichberger ist das zu wenig.

Sie befindet sich in den besten Jahren ihrer Kreativität, das beweist sie seit diesem Jahr nun auch auf Twitter – kostenlos, für jeden zugänglich.

Bei Twitter präsentiert sie seit dem 10. Juli 2009 die vermutlich schönste, aber auch cleverste Art, ein »Gefolge« zu gewinnen. Jeder der ihr folgt, wird gemalt. Da sie sich bereits über mehr als 2550 Follower (Stand 03.09.2009) freuen kann – mit täglichen Neuzugängen –, dürfte es noch eine Weile dauern, bis tatsächlich alle ihre persönlichen Zeichnungen aus dem »Moleskine-Project« von @Frauenfuss erhalten haben.

Michaela von Aichberger studierte an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und an der Georg-Simon-Ohm-Fachhochschule in Nürnberg. Ihr Privatleben hält sie unter Verschluss.

Sie lebt sowohl in Köln, als auch in Erlangen, dem Sitz ihres Büros.

Künstlerin ist sie an jedem Ort, auf den Straßen der realen und virtuellen Welt.

Diente deine Anmeldung bei Twitter von vornherein nur dem einen Zweck: Eine stattliche Anzahl von Followern – und u.U. neue Kunden – zu gewinnen, indem du ihnen versprichst sie zu zeichnen?

Unsere Festangestellte @steFUNie_oO trieb sich auf Twitter herum und hat mich da rein gelotst. Ich bin aus purem Spaß rein und um es einfach mal kennen zu lernen. Dass man jemals Aufträge mit Twitter generieren könnte, hielt ich dann nach relativ kurzer Zeit für unmöglich und blieb nur aus Interesse.

Moleskine: WimbauerHast du mit so einer großen Resonanz gerechnet?

Nein! Es sollte eine kurze Spaßaktion sein!! Ich hab irgendwann aus Spaß @haekelschwein im Moleskine verewigt und dann aus Jux diese „Ich male meine Follower“-Aktion ausgerufen. Mittlerweile bin ich süchtig danach und hoffe, dass man noch lange Spaß an mir hat! Nebenbei ist es natürlich auch eine sehr witzige Akquisemöglichkeit. Mit @wimbauer (siehe rechts), @unwiderstehlich und @buchmamsell ergaben sich bereits sehr nette Aufträge! Und gestern hat Ebay-Deutschland angefragt, ob sie ihren 3.000 Follower mit einem immf beschenken dürfen!

Deine Follower-Zahl steigt täglich. Glaubst du, dass es dir gelingen wird, in absehbarer Zeit alle, die dich verfolgen zu malen?

Ich bin fleißig! In 51 Tagen habe ich über 150 Zeichnungen erstellt … mal sehen! ;-) „Dummerweise“ bekomme ich aktuell beruflich so viele Aufträge, so dass ich meine Quote von mindestens 3 Bildern pro Tag nicht halten kann!

Wie lange brauchst du im Durchschnitt für ein charakteristisch geprägtes Followerbild?

Zwischen 3 Minuten und selten 3 Stunden.

Moleskine: Else BuschheuerDu zeichnest deine Verfolger nicht nach der Reihenfolge. Nach welchen Kriterien gehst du vor? Sympathie? Interessen? Bevorzugst du die Prominenz, wie z.B. Else Buschheuer? Oder gehst du nach dem Prinzip vor: Wer am lautesten schreit, wird am ehesten von dir verewigt?

Mir geht es natürlich auch ein bisschen darum, auf tolle und außergewöhnliche Menschen aufmerksam zu machen. Und ich muss sofort eine Idee haben, für meine Zeichnung: Skurrile Tweets, ein tolles Profil-Design, ein witziger Avatar oder gut klingender Name und schon kann ich loslegen!

Wen würdest du gerne im Rahmen von #immf zeichnen, der dir jedoch nicht folgt? Gibt es da jemanden?

Ja. Ich vermisse @Marakogoj. Ihre Zeichnung gehört zu meinen Lieblingszeichnungen und sie fehlt mir auf Twitter! Sie soll sich wieder anmelden, damit wir uns wieder gegenseitig folgen können!

Moleskine: MarakogojObwohl du auf Plattformen wie XING, Facebook und Twitter vertreten bist, vermeidest du private Themen und nutzt das Internet nur, um deine Kunst und deine verschiedenen Projekte zu präsentieren. Lediglich auf Facebook berichtest du von neuen Ideen und deinem Arbeitsalltag – ganz dezent. Damit stichst du aus der Vielzahl der User heraus, du wirkst unantastbarer, geheimnisvoller, aber auch fremder. Ist das beabsichtigt oder nur der Nebeneffekt, mit deinem Privatleben nicht hausieren zu gehen?

Bei Facebook habe ich doch sogar noch meine Süßigkeitenwunschliste stehen und beschwere mich, dass der M&M-Spender immer leer ist! Ich befürchte, ich habe aktuell einfach zu wenig Privatleben! Immerhin habe ich letztens den Tweet gebracht: „Wir grillen“!!

War es immer schon dein Wunsch als Grafikdesignerin zu arbeiten? Was bedeutet dir der Beruf und, in deinem Fall, die damit verbundene Selbstständigkeit?

Michaele von Aichberger bei der Arbeit.Ich male, seitdem ich Stifte halten kann. Es ist Hobby, Beruf und Leidenschaft! Ich war noch nie festangestellt. Die Freiheit die ich als Selbständige habe und die Vielschichtigkeit der Aufgaben, wären bei einer Festanstellung so nicht mehr vorhanden – da müsste ich mich auf eine Sache spezialisieren. So aber mache ich alles: von der Illustration über Print und Screendesign bis hin zum Flash-Spiel!

Was verstehst du unter Kunst? Wer oder was sind Künstler?

Kunst ist bei mir ein hart umkämpfter Begriff – ich bin eher Grafik-Designerin und brauche das Label Künstler eigentlich gar nicht. Ab und zu gebe ich es mir aus Jux! Künstler sind Menschen, die ihre Phantasie zum Beruf machen, oder?

Hast du ein Vorbild? Oder jemanden, den du für seine Kunst sehr bewunderst?

Meine künstlerischen Vorbilder fließen sehr oft in meine Follower-Portraits ein. Da kamen ja bereits viele Filmschaffende, Maler und Grafiker versteckt als Hommage vor (Chaplin, Godard, Magritte, Matisse, Charles M. Schulz). Claire Bretécher und Gary Larson fehlen noch in meiner Hommage-Reihe!

Gemeinsam mit deinem Mann Michael – ein Diplom-Fotoingenieur – hast du das Projekt „Typokunst“ ins Leben gerufen.

»Buchstaben, Ziffern und Symbole – fotografiert in Städten der ganzen Welt. Typografien des Alltags von Marseille bis New York, von Prag bis Madrid. Sie sind das Ausgangsmaterial einer ganz neuen Kunstrichtung«, so heißt es auf der Website.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Als ich Michael kennen lernte, war sein zweiter Satz: »Übrigens, ich sammle Buchstaben«. Ich habe ihn nie gefragt, warum er das tut. Ich habe einfach mitgemacht! Hätte er statt »Buchstaben« das Wort »Briefmarken« genannt, wäre ich davon gelaufen. Aber ich bin Typografie-Fan und wurde natürlich hellhörig.

Auf der Internetseite deines Mannes erzählt er von seinen Reisen, zuletzt von Japan. Er lebt in Köln, du in Erlangen, wo du mit dem Diplom Informatiker Halil Demirci dein eigenes Büro hast. Die einen schwören auf Wochenendbeziehungen, die anderen bezeichnen sie auf Dauer als Beziehungskiller.

Zu welche Kategorie gehörst du und warum?

Wir führen gar keine Wochenendbeziehung, Gott sei Dank! Ich glaube auch, dass sie auf Dauer ein Beziehungskiller wäre. Michael und ich haben alles doppelt und pendeln nach Bedarf hin und her: Wohnungen und Büros in Erlangen UND Köln. Etwas doppelt gemoppelt, aber lustig. Und auf seine Fotoreisen komme ich natürlich immer mit. Die 3 Wochen Japan dieses Jahr waren umwerfend! In Kürze werde ich ihn nach Lissabon und Porto begleiten. Meistens müssen wir ca. 10 Städte pro Jahr beruflich bereisen!

Auf was könntest du im Leben niemals verzichten?

Bücher, Zeichenutensilien und Computer!

Gibt es ein neues Projekt, das du umzusetzen planst?

Ich möchte mit der wunderbaren @gebenedeite zusammen ein paar nette Grußkarten für jeden skurrilen Anlass entwerfen. Sie textet und ich zeichne.<

Was macht @Frauenfuss, wenn sie nicht ihre Verfolger zeichnet, keine Websites oder Präsentationen ausarbeitet?

Lesen, Klavier spielen, leidenschaftlich gern pokern und Skat spielen!

Eine letzte Frage: Was wünschst du dir für die Zukunft – privat wie beruflich?

Gesundheit! Immer kreativ sein zu dürfen!

Ich danke dir für das Interview und wünsche dir weiterhin zahlreiche kreative Ideen.

 

Links von und über Michaela von Aichberger:

Ausstellungstermine für #immf/Moleskine-Project

Galerie „Armer Teufel“
7. November 2009 – 10. Dezember 2009:
Bauerngasse 14
90443 Nürnberg

Kölner Kulturbunker
Ab dem 12. Dezember 2009 für zwei Wochen:
Berliner Straße 20
51063 Köln

Copyrights
Text: Nicole Rensmann https://www.nicole-rensmann.de
© Fotos/Bilder: Michaela von Aichberger -Verwendung mit freundlicher Genehmigung von Frau von Aichberger

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.