Interview Brigitte Melzer – 2007

Obwohl das Interview mit Brigitte Melzer erst im Januar 2007 in phantastisch! erschien, ist es längst nicht mehr aktuell. So habe ich die Einleitung ergänzt, im Interview selbst aber nur wenige Änderungen vorgenommen.

»Aufhören zu schreiben? … Keine Chance!«

Ein Interview mit Brigitte Melzer von Nicole Rensmann

Als sie 2002 – gut ein Jahr vor der Ausschreibung zum Wolfgang-Hohlbein-Preis 2003 – mit dem Schreiben begann, hatte sie sich weder an einen Verlag getraut, noch Freunden oder Bekannten von ihrer ausfüllenden Freizeitbeschäftigung erzählt. Dann las sie von der Ausschreibung des Ueberreuter Verlags und nahm die Chance wahr. Obwohl sie nicht den ersten Platz belegte, erregte Brigitte Melzers Debüt »Whisper – Königin der Diebe« das Interesse des Verlags und erschien somit im Jahre 2004. Ein Jahr später publizierte der Ueberreuter Verlag ihren Roman »Im Schatten des Dämons«. Anfang 2006 veröffentlichte sie – nach wie vor bei dem in Österreich ansässigen Verlag Ueberreuter – unter dem Pseudonym Morgan Grey den historischen Roman »Der Schwur des MacKenzie-Clans«.
Im selben Jahr erschien, nun wieder unter ihrem bürgerlichen Namen, die historisch-mystische Geschichte »Vampyr«.
Zu der im Winter 2006 publizierten Kurzgeschichtensammlung »Wolfgang Hohlbeins fantastische Weihnachten« steuerte sie die Story »Der Turm der Zauberer« bei, in der es, wie sie zu erzählen weiß, um folgendes geht: » … mürrische Zauberer, einen „Unfall“ und einen Dämon. Mehr wird nicht verraten. Außer vielleicht: Entgegen meiner sonstigen Geschichten ist die Geschichte ziemlich abgedreht! Am Besten macht ihr euch selbst ein Bild!«
Zahlreiche weitere Projekte sind in Vorbereitung, wovon Anfang des
Jahres 2007 gleich zwei erscheinen werden: Mit »Der Geist, der mich liebte« (Arbeitstitel »Spuk«) präsentiert Brigitte Melzer – unter dem Pseudonym Kate Logan – einen humorvollen und gruseligen Roman, der in einer amerikanischen Kleinstadt spielt.
Bei »Das Erbe der MacDougals« (Arbeitstitel »Entführt«) begibt sie sich unter ihrem zweiten Künstlername Morgan Grey erneut in das historische Schottland des 14. Jahrhunderts.
Im August 2007 erscheint dann der zweite Teil der Vampyr-Saga »Die Jägerin« unter ihrem bürgerlichen Namen.
Brigitte Melzer wurde am 08. August 1971 geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, schulte auf Bankkaufrau um und absolvierte schließlich ihren Fachwirt. Heute arbeitet Brigitte Melzer bei einer Bank und lebt mit ihrem Mann in ihrer Geburtsstadt München.
Ende 2007 gibt sie jedoch ihren Job auf und wird sich nur noch dem Schreiben widmen.

Du bist durch Rollenspiele zum Schreiben und zur Fantasy gekommen. Auch heute spielst du noch. Wie stark beeinflussen die Rollenspiele deine Romane?

Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal finden einzelne Spielszenen oder die Hintergrundgeschichte eines Charakters in meine Romane. »Im Schatten des Dämons« ist z. B. eine Mischung aus beidem. Caits Geschichte war die eines früheren Spielcharakters. Teile der Handlung haben wir damals tatsächlich gespielt. Die habe ich dann gestrafft, teilweise verändert und meinem Plot angepasst. Daith, Liamar und Connor (und natürlich viele andere) dagegen kamen, ebenso wie weite Teile der Handlung, nicht im Rollenspiel vor. In »Whisper, Königin der Diebe« und dem »Schwur des MacKenzie-Clans« findet sich überhaupt nichts aus dem Rollenspiel wieder, während ich im »Vampyr« eine einzelne Idee aufgegriffen und in die Handlung eingewebt habe.

Du schreibst unter dem Pseudonym Morgan Grey auch historische Romane. Dein Roman »Vampyr«, der unter deinem bürgerlichen Namen erschien, kommt mit wenigen Fantasyelemente aus, hat dafür jedoch historisch-mystische Bezüge. Vermischen sich die Projekte der Brigitte Melzer allmählich mit denen Morgan Greys, und werden in naher Zukunft deine Bücher nur unter einem Namen erscheinen?

Zwischen Morgan Grey und mir wird es auch weiterhin eine klare Arbeitsteilung geben. Die Morgan Grey Romane sollen auch in Zukunft eine fantasy- und mythenfreie Zone bleiben – vom Aberglauben der Völker mal abgesehen.Susanne Evans, meine Lektorin, und ich haben darüber nachgedacht, ob der »Vampyr« wegen des historischen Settings nicht doch ein Fall für Morgan Grey sein sollte. Letztlich fanden wir aber beide, dass der fantastische Aspekt weit stärker wiegt, als der Schottland-Bezug.

Zu »Vampyr« ist ein zweiter Band geplant. Gibt es dazu schon konkrete Inhalte oder einen Termin?

Bisher habe ich nur eine vage Vorstellung, was passieren wird. Einige Ideen habe ich natürlich schon. Jetzt geht es darum, das Ganze zu einem schönen Plot zusammenzufügen und die Geschichte von Catherine und Daeron zu einem runden Ende zu bringen. Vor allem aber beschäftigt mich die Frage Happy End oder nicht?
Als Veröffentlichungstermin ist Herbst 07 oder Frühjahr 08 geplant. Das hängt ein wenig davon ab, wie schnell ich mit dem Plot vorankomme.

(Nachtrag: Wie in der Einleitung ergänzt, erscheint die Fortsetzung im August 2007.)

Auf deiner Website kündigst du an: »Im Januar 2007 erscheint Spuk (Arbeitstitel) und mit etwas Glück ist Morgan Grey dann auch mit Entführt (Arbeitstitel) vertreten. Und auch im Herbst 2007 wird es wohl neues Lesefutter geben…«

Darfst du über das »herbstliche Lesefutter« mehr erzählen?

So wie es im Augenblick aussieht, wird es wohl die Fortsetzung zum »Vampyr« werden – sofern ich rechtzeitig fertig werde. Für einige Zeit war nicht klar, ob Ueberreuter stattdessen vielleicht lieber einen reinen Fantasy-Titel haben will. Nachdem »Vampyr« aber gut angelaufen ist, wünschen sie sich verständlicherweise erst eine Fortsetzung. Spruchreif ist allerdings noch nichts. Es kann sich also durchaus noch was tun.

Seit 2004 erschien von dir jedes Jahr ein Roman, in 2006 sogar zwei und für 2007 sind auch gleich mehrere Werke angekündigt. Du arbeitest hauptberuflich bei einer Bank. Deinen Alltag stelle ich mir somit zeitlich sehr eng vor. Hast du noch so etwas wie Freizeit?

Frei… was? Freizeit. Das musste ich glatt im Fremdwörterlexikon nachschlagen *lach*. Nein, viel Freizeit bleibt da wirklich nicht. Vor allem wenn der Abgabetermin für ein Manuskript näher rückt, wird es schon mal stressig. Wobei ich das Schreiben selbst nicht als Belastung empfinde. Es sind eher die lästigen Dinge außen herum, die ich dann am liebsten abschaffen würde … einkaufen, mal die Wohnung putzen, aufräumen … all der lästige Kram, der immer gerade dann erledigt werden will, wenn man am wenigsten Zeit hat.

Aber das hat bald ein Ende, denn ab Herbst 2007 wirst du dich vollends aufs Schreiben konzentrieren können.

Was hat es eigentlich mit dem »Siebten Zeitalter« auf sich? Gibt es diesbezüglich bereits Gespräche mit einem Verlag?

Dem »Siebten Zeitalter« verdanke ich es, dass ich überhaupt zu schreiben begonnen habe. Die Geschichte hat so penetrant in meinem Kopf herumgespukt, dass sie da einfach raus musste. Beim Schreiben wurde mein Kontinent Cartómien geboren und zum Leben erweckt.
Die Geschichte an sich ist sehr komplex und mit über 3000 Seiten auch recht umfangreich. Das macht es schwierig, die Handlung in ein paar Sätzen zu beschreiben. Aber ich versuche es mal.

Der labile Frieden in Cartómien gerät ins Wanken, als der König von Akera seine Hand nach dem Nachbarreich Glenmoran ausstreckt. Anfangs sieht es nach simplen Grenzstreitigkeiten aus. Schon bald jedoch wird klar, dass andere im Hintergrund die Fäden ziehen und der drohende Krieg lediglich von weit größeren Ereignissen ablenken soll. In Wahrheit geht es um viel mehr, als Machtkämpfe und Grenzverläufe. Das Siebte Zeitalter ist angebrochen. Jenes Zeitalter, in dem, einer elbischen Prophezeiung zufolge, die Menschheit untergehen wird. Eine handvoll mutiger Menschen stellt sich der magischen Bedrohung. Ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen angesichts der Tatsache, dass die Magie unter den Menschen Cartómiens seit dem Krieg der Mächte ausgerottet ist.
Eine junge Frau, einst ein Findelkind, findet sich unversehens zwischen allen Fronten wieder. Um gegen den mächtigen Feind bestehen zu können, entstehen teils ungewöhnliche Bündnisse zwischen sehr unterschiedlichen Menschen. Einige sind gezwungen, alte Feindschaften und Abneigungen zu überwinden. Freundschaft, Liebe, Verrat, aber auch Rachsucht und Neid nehmen großen Raum ein.
Bisher liegt »Das Siebte Zeitalter« in meiner Schublade. Dass ich es Ueberreuter noch nicht angeboten habe, liegt daran, dass ich zunächst in aller Ruhe überarbeiten möchte. Abgesehen davon dürfte es nicht ganz unproblematisch werden, ein Projekt mit diesem Umfang unterzubringen. Im Grunde genommen sind es zwei Zyklen mit vermutlich jeweils 3 – 4 Bänden (hängt ein wenig vom Umfang der Einzelbände ab). Danach ist die Geschichte aber komplett abgeschlossen und alle Handlungsstränge aufgelöst.
Ganz gleich, wie es mit dem „Siebten Zeitalter“ weitergehen mag, für mich selbst ist es ein immens wichtiges Projekt, in dem neben viel Spannung und Spaß auch jede Menge Herzblut steckt.

Im Laufe der Jahre entwickelt oder verändert sich das Blickfeld der Menschen – aber gibt es ein Buch oder ein menschliches Vorbild, das dir in deiner Entwicklung nicht nur als Autorin Grundsteine gelegt hat?

Ein Vorbild ist zweifelsohne Tad Williams. Sein Drachenbeinthron hat in mir den Wunsch geweckt, mich an etwas ebenso komplexen, spannenden und unterhaltsamen zu versuchen. Ein Wunsch, den ich mir mit dem Siebten Zeitalter erfüllt habe.
Meine Entwicklung wurde in den letzten Jahren sicher von vielen Menschen – und auch Ereignissen – beeinflusst. Allerdings könnte ich jetzt nicht speziell sagen, dass ich dieses oder jenes von der oder der Person habe. Ich picke mir eher die Rosinen raus *g*

Es gibt Autoren, die trinken sich ein Glas Sekt oder Wein, manche rauchen sich eine Zigarre, andere gehen endlich mal wieder ins Kino. Führst du ein bestimmtes Ritual durch, nachdem du ein Projekt beenden konntest?

Ein spezielles Ritual habe ich nicht. Ich freue mich einfach mal einen Abend lang und mache mich dann ans nächste Projekt. Die wirkliche Freude kommt bei mir erst dann auf, wenn ich meine Belegexemplare in Händen halte und die ersten Reaktionen von Lesern bekomme. Dann weiß ich, dass sich der Einsatz gelohnt hat.

2005 hast du dir einen Traum verwirklicht und warst sechs Wochen in Schottland. Deine Faszination zu dem nördlichen Teil der britischen Insel spiegelt sich in vielen deiner Geschichten wider. Könntest du dir vorstellen, einmal einen Roman – auf Wunsch des Verlages – zu schreiben, dessen Thema dich überhaupt nicht interessiert, oder gäbe es da Grenzen?

Ich bezweifle, dass ich im Stande wäre, über etwas zu schreiben, das mir nicht liegt. Ich mag mir ja nicht mal zwei Stunden lang was im Fernsehen anschauen, das mich nicht interessiert. Die Vorstellung ein halbes Jahr oder länger über etwas zu schreiben, bei dem ich den Fernseher längst ausgeschaltet hätte … Nein! Das ist gruselig!
Abgesehen davon, dass ich vermutlich schon Schwierigkeiten hätte, überhaupt einen vernünftigen Plot zu finden, wäre das Schreiben reine Quälerei. Um einen Roman zu schreiben, muss mich das Thema schon reizen.

Könntest du dir vorstellen, in einer von dir beschriebenen Epoche zu leben?

Oberflächlich betrachtet: klar! Heldenmut, Freundschaft, Liebe und mordsmäßige Abenteuer in sensationellen Landschaften – wer will das nicht? Wenn ich allerdings mal das wahre Leben von früher – außerhalb meiner Romane – beleuchte, würde ich doch lieber die Finger davon lassen. Die Lebensumstände wären mir dann doch ein wenig zu hart – oder ich bin zu verweichlicht. Unsere Zeit mag ja oft nervtötend, hektisch und oberflächlich sein, aber zumindest hält sie auch eine Menge Annehmlichkeiten bereit, auf die ich nur recht ungern verzichten würde.

Welches Genre, welche Art von Literatur liest du selbst?

Definitiv Fantasy – gefolgt von Horror und Grusel. Allerdings muss ich gestehen, dass ich in letzter Zeit leider immer weniger Zeit zum Lesen finde. Ich schaffe es gerade mal im Urlaub – und auch nur dann, wenn wir nicht zu Hause bleiben und ich kein Manuskript zum Korrekturlesen im Gepäck habe – ein Buch zur Hand zu nehmen.

Wenn dir jemand, aus welchen Gründen auch immer, soviel Geld böte, dass du und deine Familie bis ans Ende eurer Tage in Saus und Braus leben könnten, würdest du dann mit dem Schreiben aufhören?

Aufhören zu schreiben? Du fragst ernsthaft einen Junkie, ob er von seiner Droge lassen kann? Keine Chance! Solange noch die kleinste Idee durch meinen Kopf spukt, würde mir vermutlich der Schädel platzen, wenn ich sie nicht rauslasse. Wenn ich allerdings das Geld nehmen und weiter schreiben dürfte, gebe ich dir gerne meine Bankverbindung *grins*

Gibt es einen Menschen, mit dem du gern einmal bei Kaffee und Kuchen philosophieren möchtest?

Das ist die Art von Frage, auf die man gerne eine furchtbar kluge Antwort geben, möchte *g*. Tatsache ist, dass es da niemand bestimmten gibt. Interessant wäre es, mal mit jemandem aus einem meiner Romane zu sprechen. Mal so einem historischen Schotten über sein Leben erzählen zu lassen, natürlich nicht bei Kaffee und Kuchen, sondern bei Whisky und Haggis, wäre sicher eine spannende Sache und würde die Recherche erheblich verkürzen. Oder eines meiner armen Fantasy-Heldenwürstchen fragen, wie es die letzte Begegnung mit einem Dämon verdaut hat … Obwohl, das lass ich dann wohl lieber, am Ende haut der mich noch in Stücke, um endlich seine Ruhe zu haben.

Welche Wünsche hegst du – privat wie beruflich – für die Zukunft?

Der Wunschzettel … kann ich mal bitte eine Rolle Endlospapier und einen Sack voller Stifte haben? Nein? Na gut, dann muss es so gehen … Also ganz oben auf der Liste steht – so banal es sich anhört – Gesundheit. Natürlich wäre es klasse, wenn mir das Glück weiterhin treu bliebe und ich immer genügend (am Besten noch mehr!) Zeit zum Schreiben hätte. Wer weiß, vielleicht klappt es ja eines Tages, dass ich mich aus dem normalen Berufsleben zurückziehen und voll aufs Schreiben konzentrieren kann.

Herzlichen Dank für das Interview. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg für all deine Projekte!

Ich danke dir für das Interesse und wünsche auch dir weiterhin viel Erfolg und alles Gute!

Webtipps:

Die offizielle Website der Autorin

© Text: Nicole Rensmann
© Cover: Ueberreuter Verlag
© Foto: Brigitte Melzer

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