Wenn du den Schicksalsfaden durchtrennst
wird sie tiefer und tiefer fallen
und auf den tödlichen Asphalt knallen.
Dass du dich jetzt nicht bekennst,
Ist klar, doch pass auf, dass du dich nicht verrennst,
gar verstrickst, so wie ihre Werke aus den Ecken wallen.
Warum Angst haben vor solcher Schönheit?
Bei jeder Miss-Wahl schafft sie den 1. Rang,
Ihre Beine wunderbar schön und grenzenlos lang.
Zähne und Haar glänzen vor reiner Sauberkeit,
so ist sie stets als echtes Modell bereit.
Von der Natur so geschaffen, mit wippendem Gang.
So manchen Mann bringt sie um den Verstand,
Wickelt ihn gekonnt und spielerisch ein.
Wie ein Geschenk verpackt glitzert er dann fein,
Manch einer wurde getötet nach dem Hochzeitsband
Oder getrieben bis an des Wahnsinn´s Rand.
Ich möchte hier niemals ein Männlein sein.
Dennoch: Lass sie ihres Weges gehen!
Sie hat viel mehr Angst als du vor ihr,
Rennt panisch fort mit Beinen zwei mal vier.
Sie kann dich nicht mal richtig sehen.
Nur fühlen, und doch niemals verstehen
In ihrer nie enden wollenden Gier.
Im April, wenn das Wetter seine Pubertät auslebt,
Beginnt sie ihre tödlichen Fallen zu bauen
Wie das eben manchmal so ist, bei den Frauen.
In der Hoffnung, dass schnell jemand daran klebt
Wird mit viel Müh und Eleganz ein Netz gewebt!
Bist du ´ne Fliege, kann sie dir den Tag versauen.
Spielerisch wippt sie in der Sonne
An ihrem silbern-glitzernden Seilchen,
Zwischen duftenden, lilafarbenen Veilchen.
Aber auch mit angenehmer Wonne
An der stinkenden Aschentonne
Und bleibt dort für ein kleines Weilchen.
Sie ist der natürlichste Killer der Welt,
Doch niemand steckt sie in den Knast.
Denn nach ihrer Tat eilt sie stets mit Hast
In ihr dunkles Versteck, wie ein einsamer Held.
Wird sie erblickt, ein kreischender Schrei meist gellt
Doch unbeirrt arbeitet sie weiter, macht niemals Rast.
Du solltest sie lieben, schätzen, vergöttern gar
Denn sie zaubert Kunstwerke in den Morgentau
Ist immer ordentlich, ob Mann, ob Frau
Ihre natürliche Eleganz ist äußerst rar.
Sie ist hilfsbereit, das ist wirklich wahr.
Ihr Haar ist seidig weich, selten nur grau.
Sie ist Opfer mancher Gräueltaten, weniges Feine.
Von Jungen die nicht mehr sind bei Sinne,
Wurde sie oft schon geschmissen in die Rinne,
Bekam sie ausgezupft die langen Beine.
Du hast es längst erkannt, wen ich hier meine
Natürlich, ganz klar: Es ist die Spinne!
Ach, dies einzigartige Tier…
Es besitzt meinen Respekt, meinen Anklang.
Doch plötzlich wird mir furchtbar Bang:
Ich fleh dich an, bleib weg von mir!
Es kriecht auf mich zu, hinfort mit dir!
Zwischen Angst und Ekel ein großes Gerang`.
Nur schreien kann ich noch ganz laut,
Mich packt das Entsetzen, schüttelt der Graus
Oh, wäre es doch nur eine Maus!
Wie sich das Vieh vor mir aufbaut.
Oh, Spinne, geh weg, wie es mir graut!
Erst erstarrt, dann lauf ich panisch raus.
© Nicole Rensmann, Remscheid, April/Mai 2000