Kolumne – heute raspelkurz: Neue Haare braucht das Land

MH900425820Jürgen Klopp hat neue Haare. Wer das noch nicht wusste, schaut kein Fernsehen, liest keine Zeitung und meidet jegliche Form der Kommunikation. Jürgen Klopps Haarpracht nahm ab, wie das im Alter so ist. Coffein-Shampoos und Beschwörungsformeln, Bierhaarkuren und Fußball auflegen halfen nicht. Es mussten härtere Aktionen durchgeführt werden, um Jürgen Klopp zu dichtem Haar zu verhelfen. Fotos beweisen: Die Operation ist gelungen. Das ist schön für ihn. Aber mal ehrlich, ist dies eine Dauer-Meldung in allen seriösen und unseriösen Medien wert? Gibt es sonst keine Probleme in diesem unseren und den anderen Ländern? Doch, gibt es. Aber auch an dieser Stelle soll das angetackerte Toupet der Extraklasse noch einmal benannt werden. Der eine findet es toll, der andere nicht. Dem dritten ist es egal. Soweit alles normal.
Diese spektakuläre Meldung über die optische Veränderung eines Mannes – ja, eines Menschen gar – haben Presse & Co. zum Anlass genommen und die  Haartransplantationen intensiv thematisiert.
Während an anderen Körperstellen die komplette Enthaarung bevorzugt wird, ob mit Wachs, Rasierer oder Epilierer bleibt der jeweiligen Schmerzgrenze des Anwenders überlassen, soll der Kopf mit wallendem Flatterhaar bedeckt sein. Vom Winde verweht, ordentlich gekämmt oder hoch toupiert – je nach Anlass und Kopf natürlich. Da liegt der Verdacht nahe, dass bei all den haarigen Artikeln der Informationswert exakt gescheitelt wurde, und Werbung für mehr Haupthaar gemacht werden soll. Doch – wer bezahlt diese Werbung eigentlich? Ästhetisch korrigierte spitze Zungen könnten behaupten, die Pressemeldungen sind von den Haupthaar-Verpflanzer-Kliniken optimal platziert und fachmännisch eingepflanzt worden.MH900434421
Wie dem auch sei: Der männliche Leser weiß nun, wie auch er sein Haar nicht mehr von Ohr zu Ohr, über die Stirn und bis zum Nacken kämmen muss. Sparen, Bank ausrauben oder bei „Wer wird Millionär?“ abräumen, kann ja nicht so schwer sein.

Die Haartransplantation funktioniert ähnlich wie Klöppeln. Trotz dieser Namensähnlichkeit dürfte eine Verwandtschaft jeglicher Art zu Herrn Klopp auszuschließen sein. Klöppeln, das wissen die Omas und Muttis unter uns, ist eine alte Handwerkskunst. Geklöppelte Deckchen mit feiner Spitze gehören noch heute auf Omas Tisch. Die Fäden werden mithilfe einer besonderen Wechseltechnik systematisch verdreht, verkreuzt, verknüpft und miteinander verschlungen. Obwohl das Klöppeln weder von Herrn Klopp erfunden wurde, noch seine Vorfahren das Klöppeln ins Land brachten, dürfte die Verpflanzung seines Neuhaars mit ähnlich systematischer, jedoch deutlich MH900439843schmerzhafterer Wechseltechnik vollzogen worden sein. Ob Faden oder Haar – Klöppeln ist trendy. Aber bitte nur auf dem Kopf. Alle anderen Körperregionen bleiben davon unberührt.

Wenn es nach mir ginge, blieben auch die Köpfe wie sie sind. Gut gewaschen und knapp gekappt schmerzt weniger, ist nicht so kostenintensiv und lassen den Herrn von Welt smart aussehen.  ;-)

Dennoch: Herzlichen Glückwunsch zum neuen Kopp, Herr Klopp. War vorher aber auch völlig okay.

 

Mach es wie die Gebrüder Grimm: Erzähl es weiter.